DB Regio soll die S-Bahn München ab Anfang 2018 für zwei weitere Jahre betreiben. Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG), die den Regional- und S-Bahn-Verkehr im Auftrag des Freistaats plant, finanziert und kontrolliert, bestellt im Rahmen des Vertrags punktuelle Fahrplanverbesserungen sowie Kapazitätserweiterungen. Wie die BEG mitteilt, sollen alle 238 S-Bahn-Fahrzeuge der S-Bahn München vom Typ ET 423 modernisiert, weitere bis zu 21 gebrauchte Fahrzeuge vom Typ ET 420 beschafft und insgesamt mehr Langzüge eingesetzt werden. Außerdem führt die BEG ein Anreizsystem zur Steigerung der Qualität ein, das Bonus- und Strafzahlungen für DB Regio beinhaltet.
Der Aufsichtsrat der Bayerischen Eisenbahngesellschaft befasste sich am Mittwoch (5. Juli 2017) mit dem zweijährigen Übergangsvertrag für die S-Bahn München, vor dessen Verabschiedung noch einige Details zwischen den Vertragsparteien BEG und DB Regio zu klären sind. Da es sich vorliegend um eine Direktvergabe handelt, schreibt die EU-Verordnung 1370/2007 vor, dass eine Überkompensationsprüfung des Angebotspreises durchzuführen ist. Nach Klärung der Details und Abschluss dieser – durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vorgenommenen – Prüfung kann der endgültige Zuschlag vergeben werden.
Im Rahmen des Übergangsvertrags werden bis zu 21 zusätzliche Fahrzeuge vom Typ ET 420 beschafft. Sie werden von DB Regio im Auftrag der BEG modernisiert und mit der nötigen Leit- und Sicherungstechnik versehen, damit sie durch den Stammstreckentunnel fahren können. Auch die bereits auf verschiedenen Außenästen eingesetzten 15 ET 420 werden entsprechend ausgerüstet, so dass künftig bis zu 36 dieser Fahrzeuge auf dem gesamten Münchner S-Bahn-Netz eingesetzt werden können. Damit stehen ab Dezember 2018 insgesamt mehr Fahrzeuge zur Verfügung, so dass dann einige Zugleistungen von zweiteiligen Vollzügen auf dreiteilige Langzüge umgestellt werden können. Künftig fahren die S8 von Pasing zum Flughafen sowie die S1 vom Ostbahnhof bis Neufahrn ganztägig mit Langzügen. Dazu kommen auf der S2 Ost und der S4 West einzelne zusätzliche Langzüge während der Hauptverkehrszeit.
Der Übergangsvertrag sieht darüber hinaus die Modernisierung der kompletten Fahrzeugflotte vom Typ ET 423 vor. Der Innenraum der 238 Fahrzeuge wird umgestaltet und an die steigende Nachfrage angepasst. Mit dem Modernisierungsprojekt sollen vor allem vorhandene Kapazitäten besser genutzt und eine höhere Betriebsstabilität erreicht werden. Ein offeneres Raumkonzept soll für einen schnelleren Fahrgastwechsel und eine bessere Verteilung der Fahrgäste sorgen. Darüber hinaus werden die Fahrzeuge mit einem neuen Fahrgastinformationssystem ausgerüstet. Für mehr Sicherheit sorgen neue Festhaltemöglichkeiten, mehr Transparenz durch eine offenere Gestaltung des Fahrgastraumes sowie ein neues Lichtkonzept. Zudem werden die Mehrzweckbereiche so umgestaltet, dass es weniger Nutzungskonflikte zwischen Radfahrern, Rollstuhlfahrern, Personen mit Kinderwagen und anderen Fahrgästen gibt.
Erweitertes Fahrplanangebot
Der Übergangsvertrag sieht außerdem punktuelle Fahrplanverbesserungen vor: Ab Ende 2017 wird es einen durchgehenden 20-Minuten-Takt am frühen Nachmittag auch auf den Außenästen von bzw. nach Erding, Tutzing, Mammendorf und Petershausen geben sowie eine neue Frühfahrt der S8 zum Flughafen ab Pasing um 02:25 Uhr. Am frühen Abend profitieren Fahrgäste zwischen Erding und Markt Schwaben von zwei zusätzlichen Fahrten. Eine nachmitttägliche Pendelfahrt zwischen Dachau und Altomünster an Schultagen wird künftig auch in den Schulferien angeboten.
Festgeschrieben werden im Übergangsvertrag die bereits zum vergangenen Fahrplanwechsel erfolgten Verbesserungen im Berufsverkehr am Freitagnachmittag mit Verstärkerzügen für den 10-Minuten-Takt sowie die Beseitigung von Taktlücken bei der S7 Richtung Wolfratshausen am frühen Nachmittag. Vertraglich fixiert wird im Übergangsvertrag auch der Linientausch der S4/S6 Ost ab Ende 2017, der bereits im März angekündigt wurde.
Anreize für mehr Qualität
Im Rahmen des Übergangsvertrags wird die S-Bahn München nunmehr komplett in das Qualitätsmesssystem der BEG integriert. Mit Hilfe von Tests und Befragungen misst die BEG bereits seit einigen Jahren die Servicequalität der S-Bahn. Künftig haben diese Ergebnisse auch unmittelbare finanzielle Auswirkungen auf den Betreiber DB Regio. Liegt die S-Bahn unterhalb der vereinbarten Qualitätsstandards, muss DB Regio Strafzahlungen an die BEG leisten. Werden die Anforderungen übererfüllt, erhält das Unternehmen einen finanziellen Bonus.
„Mit diesem Anreizsystem für mehr Qualität erzielen wir in anderen Netzen bereits gute Ergebnisse“, sagt Johann Niggl, Sprecher der Geschäftsführung der BEG. „Seit Jahren steigt die Qualität im bayernweiten Durchschnitt kontinuierlich.“
Berücksichtigt werden im Qualitätsmesssystem die Sauberkeit der Fahrzeuge, die Fahrgastinformation, die Funktionsfähigkeit der Ausstattung sowie die Kundenorientierung bei Beschwerden.
Wettbewerbsnetz S-Bahn München wird in drei Stufen vergeben
Wie bereits bekannt, vollzieht die BEG aufgrund der außerordentlichen Komplexität und Bedeutung dieses Netzes die Vergabe der S-Bahn München in drei Stufen. Dem zweijährigen Übergangsvertrag folgt ab Dezember 2019 der 1. Münchner S-Bahn-Vertrag. Damit will die BEG die gesamten Verkehrsleistungen der S-Bahn München für eine Laufzeit von voraussichtlich zwölf Jahren erstmals im Wettbewerb vergeben, allerdings noch ohne Aufteilung in Lose. In die Laufzeit dieses Vertrags fällt die Inbetriebnahme der 2. Stammstrecke sowie der Ersatz der heutigen Fahrzeugflotte durch Neufahrzeuge. Derzeit läuft bereits der Teilnahmewettbewerb für den 1. Münchner S-Bahn-Vertrag. In der zweiten Jahreshälfte erhalten die Bieter, welche sich für das weitere Verfahren qualifiziert haben, die Leistungsbeschreibung, um die Angebote zu erstellen.
Anschließend will die BEG die Verkehrsleistungen in einem 2. Münchner S-Bahn-Vertrag erneut für voraussichtlich rund zwölf Jahre vergeben. Zuvor muss sich allerdings das neue Betriebskonzept, das die Inbetriebnahme der 2. Stammstrecke umfasst, stabilisieren. Bei diesem Vertrag strebt die BEG eine Aufteilung des Netzes in mehrere Lose an. Das heißt, das S-Bahn-Netz soll dann in verschiedene Teilnetze aufgeteilt werden, um deren Betrieb sich unterschiedliche Eisenbahnverkehrsunternehmen bewerben können.
red/BEG