Grüne: „Wissing muss raus aus dem Bummelzug“


BERLIN | Die Grünen-Fraktion im Bundestag macht beim Klimaschutz Druck auf Bundesverkehrsminister Volker Wissing von der FDP.

„Insbesondere im Verkehrssektor hat die Bundesrepublik Deutschland das größte Problem“, sagte Co-Fraktionschefin Katharina Dröge am Donnerstag am Rande einer Klausur des Fraktionsvorstands in Berlin. „Volker Wissing muss raus aus dem Bummelzug beim Thema Klimaschutz. Wir werden ihm dabei helfen.“

Der Vorstand verabschiedete bei seinem Treffen ein Forderungspapier zum Klimaschutz im Verkehr. Darin fordern die Abgeordneten eine Stärkung der Mobilität zu Fuß, mit dem Rad und im öffentlichen Nahverkehr, einen Abbau umweltschädlicher Subventionen, eine beschleunigte Sanierung von Straßen und Brücken sowie einen Ausbau des Schienenverkehrs und eine stärkere Elektrifizierung des Straßen-Güterverkehrs. Es handele sich um ein „Starter-Paket“ für eine umfassende Verkehrswende, zu der dann auch weiterreichende Maßnahmen „wie ein generelles Tempolimit oder eine große Reform der Kfz-Steuer“ dazugehörten.

FDP-Fraktionsvize Carina Konrad wies die Kritik zurück. „Die ständigen Beißreflexe aus den Reihen der Grünen in Richtung Verkehrsministerium sind ein reines Ablenkungsmanöver für die eigenen Verfehlungen im Energiebereich“, sagte sie am Donnerstag. Sie vermute bei dem Koalitionspartner auch „zunehmenden, internen Frust über die in sich unlogische Klimapolitik“ von Wirtschaftsminister Robert Habeck. Das von den Grünen als Lösung gesehene Elektroauto habe „den Auspuff im Vergleich zum Verbrenner bislang nur woanders, nämlich aktuell in Form eines schmutzigen Schornsteins eines Kohlekraftwerkes“.

Laut den Grünen hinkt der Verkehrsbereich beim Klimaschutz in Deutschland deutlich hinterher. Über den Umgang damit gibt es in der Bundesregierung Differenzen zwischen Grünen und FDP. Das verzögert auch das geplante Klimaschutzsofortprogramm, das nächste Schritte zur Erreichung der deutschen Klimaziele aufzeigen soll.

„Im gemeinsamen Kampf der Bundesregierung gegen die Klimakrise ist der Verkehrssektor aktuell das Schlusslicht“, schreibt der Fraktionsvorstand in seinem Papier. Das Bundesverkehrsministerium müsse „alle Hebel in Bewegung setzen, damit das 49-Euro-Ticket auch tatsächlich im Frühjahr dieses Jahres kommt“. Die Länder müssten „ihre originären Aufgaben im ÖPNV finanziell eigenständiger stemmen und kleinteilige Verbund-Aufgabenträgerstrukturen abbauen“. Der Fuß- und Radverkehr müsse sicherer werden und das Verkehrsrecht so modernisiert werden, dass die Kommunen mehr Gestaltungsfreiheit erhielten, zum Beispiel bei Tempolimits.

Mit einer „sozial-ökologischen Reform der Dienstwagenbesteuerung“ will der Fraktionsvorstand klimafreundlichere Autos besserstellen. Eine Alternative zum Dienstwagen könnten Mobilitäts-Zuschüsse für Arbeitnehmer sein, die ihr Verkehrsmittel dann selbst wählen können sollen.

„Das deutsche Autobahn- und Bundesstraßennetz ist rund 51 000 Kilometer lang. Es ist damit eines der dichtesten Fernstraßennetze Europas“, schreibt der Vorstand. „Der Beton muss aus den Köpfen raus. Wir brauchen die volle Konzentration auf die Sanierung von Brücken und vorhandenen Schnellwegen.“ Beim Ausbau brauche es eine Konzentration auf die Schiene. „Nur wenn die Bahn in Deutschland verlässlich und leistungsstark ist, wird sie ihr Potenzial zur Verkehrsverlagerung von Straße und Flugzeug auf die Schiene tatsächlich ausschöpfen.“ Außerdem sei ein leistungsfähiges Ladenetz für Elektro-Lkw nötig, damit auch der Güterverkehr auf der Straße zunehmend mit Strom laufen kann.


dpa

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