BERLIN | Der Fahrgastverband Pro Bahn hat den Vorschlag der niedersächsischen Grünen, die 1. Klasse in Regionalbahnen abzuschaffen, scharf kritisiert.
“Die Abschaffung der 1. Klasse in Regionalbahnen ist eine ziemlich dumme Idee – regional wie bundesweit”, sagte Pro-Bahn-Chef Detlef Neuß dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). “Die acht bis zwölf Plätze der 1. Klasse freizugeben, bringt kaum zusätzliche Kapazitäten. Dieser Effekt wird hoffnungslos überschätzt.” Während der Hauptverkehrszeit sei auch die 1. Klasse vielerorts gut besetzt. “Mehr Kapazitäten gibt es nur durch den Einsatz von mehr Zügen und den Ausbau der Infrastruktur.”
Neuß fürchtet, dass eine Abschaffung der 1. Klasse in Regionalzügen auch Auswirkungen auf den Fernverkehr hätte. “Die Regionalbahnen sind häufig Zubringerzüge für den Fernverkehr. Ohne eine 1. Klasse im Regionalverkehr würden viele Reisende auch kein Ticket für die 1. Klasse im Fernverkehr kaufen.” Gerade Geschäftsreisende würden dann häufiger auf Auto oder Flugzeug setzen, so die Befürchtung des Fahrgastverbands.
Verkehrspolitiker von SPD und Grüne lehnen eine bundesweite Abschaffung der 1. Klasse in Regionalzügen ebenfalls ab. Verschiedene Reisende hätten unterschiedliche Bedürfnisse, so der bahnpolitische Sprecher der Grünenfraktion im Bundestag, Matthias Gastel. “So gibt es Fahrgäste, die gerne die Reisezeit zur ruhigen, konzentrierten Arbeit nutzen wollen. Die erste Klasse bietet den passenden Rahmen und das Klientel ist dafür bereit, einen höheren Preis zu bezahlen”, sagte Gastel dem RND. “Letztlich handelt es sich aber um eine Abwägungsfrage, die von den Ländern als Aufgabenträger für den Regionalverkehr vorzunehmen ist.”
Für die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Dorothee Martin, stellt sich die Frage nach einem Ende der 1. Klasse nicht. “Um mehr Menschen für die Nutzung des öffentlichen Regionalverkehrs zu gewinnen, müssen wir das Angebot verbessern”, erklärte sie. Dazu gehöre unter anderem auch “eine bessere Taktung und eine einfache Preisgestaltung”.