Das Deutschlandticket war am Montag Thema im Verkehrsausschuss des Bundestages. Bei der öffentlichen Anhörung forderten mehrere Experten Klarheit für den Fahrschein bis 2030.
Die geladenen Sachverständigen einer öffentlichen Anhörung im Verkehrsausschuss des Bundestages haben die mit der Novellierung des Regionalisierungsgesetzes geplante Sicherstellung des Deutschlandtickets für das Jahr 2026 begrüßt. Sie sprachen sich zugleich dafür aus, die Frage der Finanzierung bis in das Jahr 2030 auch jetzt schon zu regeln und die Übertragbarkeit nicht verbrauchter Bundesmittel festzuschreiben. Zudem wurde eine gesetzliche Regelung gefordert, die alle Bundesländer verpflichtet, auch in den kommenden Jahren ein Deutschlandticket anzubieten.
Thomas Kiel d’Aragon verwies als Vertreter der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände auf den Beschluss der Sonder-Verkehrsministerkonferenz (VMK) vom 18. September 2025, eine indexbasierte Preisfortschreibung ab 2027 zu schaffen. Aus seiner Sicht muss aber nicht nur der Ticketpreis, sondern auch der von Bund und Ländern gewährte Ausgleichsbetrag „entsprechend der Kostenentwicklung im ÖPNV dynamisiert werden“. Mit Blick auf das kommende Jahr sagte der Kommunalvertreter, durch die von der VMK beschlossene Anhebung des monatlichen Ticketpreises auf 63 Euro werde die Finanzierungslücke von bis zu 920 Millionen Euro nicht verlässlich geschlossen. Damit würden Finanzierungslasten für die kommunale Ebene „nicht sicher ausgeschlossen“, kritisierte er.
Alexander Möller vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen sah das ähnlich. Der Preis des Tickets und die darüber hinaus notwendigen Ausgleichsmittel von Bund und Ländern müssten gemäß einer indexbasierten Fortschreibung gleichermaßen dynamisiert werden, verlangte er. Zudem sollte der Bund von den Ländern einen „Anwendungsbefehl“ einfordern. Außerdem müsse das Deutschlandticket-Job im Interesse der Planungssicherheit auch bis 2030 garantiert werden.
Den von der VMK jüngst geforderten „Branchenbeitrag“ zur Fortsetzung des Deutschlandtickets in Höhe von rund 200 Millionen Euro bewertete Kai Neumann vom Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen „höchst kritisch“. Die privaten Bus-Unternehmen stünden in einem knallharten Wettbewerb im ÖPNV-Markt. Bei ihnen seien schwerlich Mittel einzusparen, um den geforderten Branchenbeitrag zu leisten. Neumann begrüßte die geplante Entpolitisierung des Preises durch einen „Deutschlandticket-Index“. Dieser Index sei der Dreh- und Angelpunkt für alle Erlösverantwortlichen. Daher gelte bei seiner Festlegung „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“.
Andreas Krämer von der exeo Strategic Consulting AG verwies auf die positiven Auswirkungen des Deutschlandtickets – sowohl für die Nahverkehrsbranche, als auch für die Verbraucher und das Klima. Der Branche gehe es mit dem Ticket besser als ohne das Ticket, sagte er. Laut Krämer hat jeder zweite Deutschlandticket-Besitzer vor Mai 2023 kein Abo im Nahverkehr besessen. Diese Personengruppe trage nun zu Umsatzsteigerungen bei. Zudem führe das Ticket zu einer signifikanten Einsparung von CO2-Emmissionen. Vor der Finanzierungsfrage, so Krämer, müsse im Grunde noch die Frage geklärt werden, was man als Gesellschaft mit dem Deutschlandticket erreichen will. Aus einer so gefundenen Definition leiteten sich andere Themen – auch die der Finanzierung – ab.
Markus Raupp von der Stuttgarter Straßenbahnen AG schätzt den zusätzlichen Umsatzerlös aus der Preisanhebung um fünf Euro ab dem 1. Januar 2026 als „bundesweit insgesamt zu knapp“ ein. Die im kommunalen ÖPNV mittlerweile eingetretenen und weiter zu erwartenden Kostensteigerungen, etwa im Zuge hoher Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst, fänden in der Gesamtfinanzierung noch keine angemessene Berücksichtigung, sagte er. Der pauschalierte Ausgleich ab 2026 muss aus seiner Sicht zudem durch einen Nivellierungs-Mechanismus ergänzt werden, der allen Regionen faire Kompensationen ermöglicht, um kommunale Mehrbelastungen zu vermeiden.
Ralf Damde, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates DB Regio AG, machte deutlich, dass entsprechend der Planungen die fehlende Kostendeckung über zusätzliche Einnahmen durch die Kunden generiert werden soll. Dies werde zu einem überdurchschnittlichen Preisanstieg führen, prognostizierte er. Gleichzeitig brauche es aber zur gewünschten und nun noch dringenderen Stützung der Finanzierung „echte Neukunden im System“.
Hanna Rhein von der Deutschen Umwelthilfe forderte, die Beschlüsse der VMK zur Fortführung des Tickets bis 2030 in den aktuellen Gesetzentwurf aufzunehmen. Rhein kritisierte außerdem die geplante Preissteigerung auf 63 Euro und verlangte, am heutigen Preis von 58 Euro festzuhalten. Schon dieser Preis liege laut Studien über dem „was sich Bürgerinnen und Bürger leisten wollen“, sagte sie.
Frank Zerban von der D-TIX GmbH & Co. KG, der Clearing-Stelle für die Einnahmeverteilung des Deutschlandtickets, bewertete es als zentral, einen Mechanismus zur indexbezogenen Preisfortschreibung zu entwickeln, dem die spezifischen Kostenindices des ÖPNV zugrunde gelegt werden. Nur so könne eine jährliche politische Diskussion und die Unruhe im Kreis der Unternehmen und Verkehrsverbünde vermieden werden. Darüber hinaus ist es aus seiner Sicht erforderlich, die Gesamthöhe der Mittel, die von Bund und Ländern zur ergänzenden Finanzierung des Deutschlandtickets bereitgestellt werden, ebenfalls dieser Indizierung zu unterwerfen.


hib / EVN