BERLIN | Verkehrsverbände haben Bund und Länder kurz vor deren Beratungen zu einer Einigung im Streit über die Finanzierung des Nahverkehrs aufgefordert. Daran hängt auch das geplante 49-Euro-Ticket.
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“Wir brauchen von den Länderchefs und der Bundesregierung jetzt endlich eine tragbare Lösung für die Gesamtfinanzierung unserer Branche”, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen, Oliver Wolff, am Dienstag. “Wir sehen bereits erste kostenbedingte Einschränkungen beim Bus- und Bahnangebot, bald wird es flächendeckende Abbestellungen geben.” Die Allianz pro Schiene sprach von einer Richtungsentscheidung für die Mobilität der Zukunft.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Regierungschefinnen und -chefs der Länder kommen am Mittwoch zu Beratungen über Finanzfragen zusammen. Dabei geht es auch um ein 49-Euro-Ticket sowie dauerhaft mehr Geld für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).
Die Länder haben eine Erhöhung der Regionalisierungsmittel um 1,5 Milliarden Euro von diesem Jahr an zur Bedingung gemacht, dass sie ein 49-Euro-Ticket mitfinanzieren. Mit den Regionalisierungsmitteln bestellen die Länder Bahn- und Busverbindungen bei den Verkehrsunternehmen. Zusätzlich soll der Bund nach den Vorstellungen der Länder die Mittel 2022 und 2023 aufgrund der gestiegenen Energiepreise jeweils um 1,65 Milliarden Euro erhöhen. Der Bund hat die Forderungen der Länder zurückgewiesen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) sieht wenig Spielraum im Bundesetat.
“Allein durch die Verständigung auf ein bundesweites Ticket lässt sich der ÖPNV nicht dauerhaft finanzieren”, sagte Wolff. “Es wäre vollkommen absurd, wenn ein bundesweites Klimaticket eingeführt würde, und gleichzeitig muss der Umfang an ÖPNV-Leistungen erheblich zurückgefahren werden, weil niemand den Kostenentwicklungen Rechnung trägt.”
Der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, sagte: “Wenn nicht gleichzeitig die Regionalisierungsmittel für die Länder deutlich erhöht werden, dann wird das 49-Euro-Ticket nicht kommen. Der Bund muss sich jetzt klar dazu bekennen, dass er die Mittel für einen Ausbau des ÖPNV erhöhen wird.” Die Steuerschätzung habe gezeigt, dass die Bundesregierung durchaus Spielraum für eine angemessene Finanzierung des ÖPNV habe. “Jetzt ist es eine Frage des politischen Willens, aus dem Bekenntnis zur klimafreundlichen Mobilität Nägel mit Köpfen zu machen.”
Die Verkehrsminister von Bund und Ländern hatten sich Mitte Oktober grundsätzlich auf ein 49-Euro-Ticket als Nachfolgemodell für das 9-Euro-Ticket aus dem Sommer verständigt. Das bundesweite Ticket soll am 1. Januar starten.
Die Vorsitzende der Länder-Ressortchefs, Bremens Senatorin Maike Schaefer (Grüne), hatte gesagt, der Ball liege wieder im Feld der Ministerpräsidentenkonferenz. “Die kann diesen Elfmeter jetzt auch versenken und das Ganze zum Erfolg führen.”
Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Carina Konrad forderte die Länder zum Entgegenkommen auf. Sie dürften ein günstiges Nahverkehrsticket nicht “aus Trotz” und fehlendem Modernisierungswillen blockieren. “Die Steuerüberschüsse in den Länderhaushalten zeigen zudem, dass fehlende Mittel kein Grund für ein Scheitern sein können.”
Für den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland sagte Geschäftsführerin Antje von Broock, ein 49-Euro-Ticket wäre für Teile der Bevölkerung ein gutes Angebot. “Damit alle Menschen den ÖPNV nutzen können, muss es aber um deutlich günstigere Sozialtarife ergänzt werden.” Scholz müsse mit einer klaren Zusage für die Erhöhung der Regionalisierungsmittel einen Ausbau des ÖPNV ermöglichen.