Schweiz: SUST veröffentlicht Unfallbericht zur Zugentgleisung einer führerlosen Rangierkomposition im September 2016

Die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST) hat ihren Schlussbericht zum Eisenbahnunfall vom 1. September 2016 veröffentlicht. Am besagten Tag war eine Rangierkomposition in Andermatt in Bewegung geraten und anschließend entgleist.


Am 1. September 2016 um 07:51 Uhr rollte ein führerloser Rangiertraktor (Tm 2/2 4972) mit vier angekuppelten Reisezugwagen vom Abstellgleis aus dem Bahnhof Andermatt weg in Richtung Göschenen. Unterhalb der Teufelsbrücke entgleisten die Fahrzeuge in der Galerie Bäzberg und wurden dadurch gestoppt. Laut Unfallbericht der SUST befanden sich keine Personen in den Fahrzeugen; an der Infrastruktur und den Fahrzeugen entstand ein großer Sachschaden. Der Bahnbetrieb zwischen Andermatt und Göschenen war mehrere Tage lang unterbrochen.

Übersicht Bahnhof Andermatt. Quelle: SUST

Ursachen

Laut Schlussbericht ist das Entlaufen der in einem Gefälle abgestellten Fahrzeugkomposition auf eine ungenügende Festhaltekraft der Feststellbremse des Rangiertraktors zurückzuführen, da die Bauart des Bremsgestänges die benötigte Reibungskraft nicht sicherstellen konnte.

Zum Unfall haben beigetragen:

  • Durch das von der Rangierbremse unabhängige Bremsgestänge der Feststellbremse rieben die Bremsklötze nie gegen das drehende Rad und wurden nie an die Radlauffläche angepasst, gereinigt und aufgeraut.
  • Die fehlende Vorschrift für die Einstellung und Überprüfung der Bremswirkung der Feststellbremse.

Der folgende Faktor war zwar im vorliegenden Unfall weder ursächlich noch beitragend, wurde aber als risikoreich erkannt:

  • Bei einem Ausfall der Rangierbremse ist nur noch die Feststellbremse auf dem Rangiertraktor wirksam. Unter diesem Aspekt ist es sicherheitsrelevant, dass die Feststellbremse mindestens die Festhaltekraft für ein Gefälle von bis zu 40 ‰ sicherstellt. Die aktuelle Feststellbremse erfüllt diese Anforderung nicht.

Zurückgelegte Wegstrecke und Rollgeschwindigkeit

Quelle: SUST
  • (1) Auf den ersten rund 500 m Rollweg sinkt die Streckenführung um rund 5 m ab und die Geschwindigkeit nahm von 0 km/h bis auf 25 km/h zu.
  • (2) Auf den weiteren rund 500 m Rollweg steigt die Streckenführung um rund 1 m an und die Geschwindigkeit nahm ab bis auf 11 km/h.
  • (3) Auf den nächsten rund 180 m Rollweg sinkt die Streckenführung um 16 m und die Geschwindigkeit nahm zu bis über 45 km/h. Höhere Geschwindigkeiten konnte das Registriergerät technisch bedingt nicht mehr aufzeichnen und brach die Aufzeichnungen ab.
  • (4) Auf den letzten rund 270 m Rollweg sinkt die Streckenführung um 42 m. Die gestrichelte Linie des Geschwindigkeitsdiagramms ist aufgrund nicht mehr aufgezeichneter Daten die angenommene, errechnete Geschwindigkeit. Demnach erfolgte eine Geschwindigkeitszunahme bis gegen 100 km/h und eine rasche Abnahme der Geschwindigkeit nach der Entgleisung.

SUST spricht Sicherheitsempfehlungen aus

Das Schweizer Bundesamt für Verkehr (BAV) sollte laut der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle veranlassen, dass auf dem typengleichen Rangiertraktor das Bremskonzept so angepasst wird, dass die Feststellbremse zu jeder Zeit genügend wirkt. Zudem sollte geprüft werden, inwiefern Fahrzeuge mit ähnlicher Bauweise der Feststellbremse bestehen und den jeweiligen Bahnunternehmen vorschlagen, eine Vorgabe für die Einstellung und für die Überprüfung der Bremswirkung der Feststellbremse dieser Fahrzeuge zu erstellen.

? Zum Untersuchungsbericht


red/SUST

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert