Frankreich: SNCF nach schwerem Zugunglück zu hoher Strafe verurteilt


ÉVRY-COURCOURONNES | Neun Jahre nach einem schweren Zugunglück in Frankreich mit sieben Toten und Dutzenden Verletzten hat ein Gericht die Staatsbahn SNCF wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung schuldig gesprochen.

Mangelhafte Wartung seitens der SNCF sei Auslöser der Katastrophe gewesen, stellte das Gericht in Évry-Courcouronnes am Mittwoch fest. Es verurteilte die Bahn zu einer Strafe von 300.000 Euro und 3,5 Millionen Euro an Entschädigungszahlungen an die Opfer. Zuvor hatte die SNCF den Betroffenen bereits insgesamt 13 Millionen Euro ausgezahlt.

Auf einer defekten Weiche in Brétigny südlich von Paris entgleiste am 12. Juli 2013 mit hohem Tempo ein IC-Zug mit 385 Reisenden. Waggons stürzten um und wurden auf einen Bahnsteig katapultiert, wo sie wartende Pendler erfassten. Es handelte sich um eines der schlimmsten Bahnunglücke in Frankreich seit Jahren. Ein an der Unglücksstelle für Reparaturarbeiten verantwortlicher Bahnbeschäftigter und die Netzgesellschaft der SNCF wurden vom Gericht freigesprochen.

Wie das Gericht betonte, wäre es zu dem Unglück nicht gekommen, wenn die Bahn die Gleise korrekt gewartet, dem Defekt rechtzeitig nachgegangen und die Weiche ausgetauscht hätte. Bereits 2008 sei ein Riss im Herzstück der Weiche festgestellt worden, die fünf Jahre später das Unglück auslöste. In dem Prozess mit 184 Nebenklägern hatte die Bahn die Möglichkeit eines Materialfehlers als Auslöser der Katastrophe genannt. Dies hielt das Gericht gestützt auf Experten in seiner Urteilsbegründung für ausdrücklich widerlegt.

Die Staatsanwaltschaft hatte der Bahn in ihrem Plädoyer vorgeworfen, sich bewusst dafür entschieden zu haben, die Rendite über die Sicherheit ihrer Fahrgäste zu stellen. Es habe sich nicht um einen unvorhersehbaren Unfall gehandelt, sondern um ein Versagen bei der Wartung der Gleise.

Mangelhafte Wartung wurde schnell als Auslöser der Katastrophe angesehen. Sie löste in Frankreich eine Diskussion über die Sicherheit des Bahnnetzes und eine falsche Konzentration von Investitionen auf die schnellen TGV-Züge aus.


dpa | Foto: Imago / Xinhua

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