Verkehrsministerium: Über 17.500 Kilometer des Schienennetzes sanierbedürftig


BERLIN | In Deutschland sind mehr als 17.500 Kilometer des Schienen­netzes und rund 1.000 Eisenbahn­brücken sanierbedürftig.

Das berichten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwoch) unter Berufung auf eine Antwort des Bundes­verkehrs­ministeriums auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion. Das marode Schienennetz der Deutschen Bahn gilt als Hauptursache für Verspätungen von Zügen. „Mehr als jeder zweite Kilometer des Bahnnetzes ist heute investitionsbedürftig“, kritisierte Links­fraktionschef Dietmar Bartsch. Der Bund als Eigentümer der Deutschen Bahn müsse „die Ausrichtung des Unternehmens vom Kopf auf die Füße stellen“, sagte er. „Wir brauchen eine Bahn für Leute, Land und Klimaschutz.“

Konkret haben laut Regierungs­antwort 17.529 Kilometer Gleise ihre durchschnittliche Nutzungsdauer überschritten, sind sanierungsbedürftig und zählen zum „investiven Nachholbedarf“ der Deutschen Bahn. Den größten Investitionsbedarf im rund 33.400 Kilometer langen Streckennetz gibt es laut Bundes­verkehrs­ministerium in Bayern auf 3.918 Schienen­kilometern, gefolgt von Nordrhein-Westfalen (2.505 Kilometer), Baden-Württemberg (1.847 km) und Niedersachsen (1.808 km). In Berlin und Brandenburg sind 1.341 Kilometer betroffen.

Zudem zählen 1.089 Brücken – und damit 4,2 Prozent aller 25.713 Eisenbahn­brücken in Deutschland – zur „Kategorie 4“. Dies bedeutet laut Bahn-Definition: Auch wenn die Brücken „die Sicherheit noch nicht beeinflussen“, weisen sie „gravierende Schäden am Bauwerk auf“, eine wirtschaftliche Instand­setzung ist nicht mehr möglich. Bei den maroden Brücken ist Nordrhein-Westfalen mit 305 Brücken führend.

In Berlin und Brandenburg sind es 149 und in Baden-Württemberg 115. Der Links­fraktions­chef führt die Fehl­entwicklung auf die Bahnreform der 1990er Jahre und das „Kaputtsparen“ der Infrastruktur als „historische Fehler“ zurück: „Bahnhöfe schließen, Strecken stilllegen und beim Schienen­netz knausern: Das ist der jahrzehntelange Dreiklang des auf Rendite getrimmten Weltkonzerns.“

Der Vize-Chef der Eisenbahn- und Verkehrs­gewerkschaft (EVG), Martin Burkert, forderte „einen partei­übergreifenden Schienen­pakt mindestens für dieses Jahrzehnt“. Aus seiner Sicht fehlt es am politischen Willen. Zwar habe sich die Ampelkoalition vorgenommen, mehr Geld in die Schiene als in die Straße zu investieren, sagte Burkert den Funke-Zeitungen. „Der aktuelle Bundes­haushalt 2022 ist aber verkehrspolitisch ein Rückschritt. Damit wird das Ziel, mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern, nicht erreicht und damit sind auch die Klima­schutzziele der Bundesrepublik gefährdet.“

Der Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Claus Weselsky, forderte, das Netz schnell wieder auf Vordermann zu bringen. „Es brennt an allen Ecken und Enden. Viele Brücken und Schienen sind marode, es fehlen Ausweichgleise. Die Pünktlichkeit der Züge ist eine Katastrophe.“ Der Bahnvorstand habe die Sanierung der Infrastruktur jahrzehntelang verschlampt. „Je früher und je mehr Investitionen, desto besser“, sagte Weselsky. Die Leidtragenden seien die Eisenbahner vor Ort. „Sie müssen mit den Beschwerden der Fahrgäste umgehen, Beschimpfungen oftmals unter der Gürtellinie aushalten. Die Eisenbahner sind am Limit.“

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EVN / dts Nachrichtenagentur | Foto: DB AG / Volker Emersleben