Neue Gleise Richtung Brenner westlich der bestehenden Strecke geplant


EBERSBERG | Der Plan der Deutschen Bahn für den letzten Streckenabschnitt des Brenner-Nordzulaufs südlich von München steht.

Die neuen Gleise zwischen Ostermünchen im Landkreis Rosenheim und Grafing im Landkreis Ebersberg sollen weitgehend westlich der bestehenden Strecke verlaufen. Die Bahn stellte am Mittwoch in Ebersberg die Entscheidung über das letzte Teilstück vor, mit dem sie nun in die weitere Planung gehen will.

Die rund 15 Kilometer lange Strecke schließt die letzte Lücke in den Planungen für die Zubringer-Gleise zum Brenner Basistunnel, an dem in Österreich und Italien gebaut wird. Die Trasse namens „Limone“ – in Plänen der Bahn gelb gezeichnet – sei nicht die günstigste, aber die verträglichste Trasse, sagte DB-Projektleiter Matthias Neumaier. „Sie stellt eine Umfahrung dar und vermeidet Ortsdurchfahrten. So reduzieren wir den Lärm für die Menschen in der Region.“

Fünf Vorschläge lagen auf dem Tisch. Den letzten Vorschlag hatte die Bahn im März nach Protesten aus der Region dazugenommen: Anwohner und Vertreter von Kommunen hatten eine Trasse entlang der bestehenden Strecke angeregt. Sie reagierten nun enttäuscht auf die Entscheidung und kündigten neue Proteste an. Mit „Limone“ lägen – wenn es zum Bau kommt – einige Siedlungen zwischen zwei Gleissträngen. Örtliche Politiker sprachen von einer „Einkesselung“. Die Entscheidung sei ein „Schlag ins Gesicht“ der Menschen vor Ort, sagten der Ebersberger CSU-Landrat Robert Niedergesäß und der CSU-Landtagsabgeordnete Thomas Huber.

„Wir sind entsetzt darüber, mit welcher Arroganz und Ignoranz sich die Bahn über die gemeinsamen Vorschläge von Kreistag, Gemeinden, engagierten Bürgern und Landwirtschaft für einen bestandsnahen Ausbau hinwegsetzt“, sagte Niedergesäß. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz aus Ebersberg ergänzte: „Infrastrukturprojekte kann man nur mit, nicht gegen die Bevölkerung durchsetzen.“

Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) sagte, es sei hilfreich, dass nun Klarheit über die Pläne der Bahn herrsche. „Andererseits sind wir enttäuscht, dass die Bürgervariante nicht den Vorzug bekommen hat.“ Die Staatsregierung setze sich dafür ein, dass nur eine möglichst anwohner- und umweltschonende Variante umgesetzt werde – „sofern der Bund denn auch den Bedarf für dieses Infrastrukturprojekt wirklich nachweist“. Ob der gesamte milliardenschwere Neubau von Grafing bis zur österreichischen Grenze überhaupt nötig ist, darüber wird seit Jahren gestritten.

Positiv äußerte sich der Vorsitzende der Grünen in Bayern und Kreisrat in Ebersberg, Thomas von Sarnowski: „Reisende und Güter können mit der neuen Schienenverbindung klimaneutral und rasch von Bayern nach Italien kommen“, lobte er.

Landrat Niedergesäß kündigte hingegen Widerstand an. „Wir werden uns gemeinsam dafür einsetzen, dass die jetzt im Raum stehende Lösung nicht das letzte Wort bleibt. Die Bahn meint, sie sei am Ziel ihrer Planung angekommen, wir sagen: zurück auf Los.“

Fünf Vorschläge hatten auf dem Tisch gelegen. Politiker der Region favorisieren – wenn ein Neubau nötig sein sollte – eine Trasse entlang der bestehenden Strecke. Diese Möglichkeit hatte die Bahn nach heftigen Protesten im März aufgenommen und als türkise Variante – neben gelb, pink, rot und orange – in den Plänen nachgetragen.

DB-Projektleiter Neumaier betonte hingegen, die Wahl sei aufgrund einer objektiven Beurteilung anhand von 14 Hauptkriterien getroffen worden. Demnach habe die Variante „Limone“ insbesondere bei der Frage nach Lärm und Erschütterungen am besten angeschnitten, die türkise Variante hingegen am schlechtesten. Tunnel und Einschnitte schonten bei „Limone“ das Landschaftsbild und wirkten positiv auf die Ausbreitung des Schalls, betonte Neumaier.

Laut Bahn gingen für das letzte Teilstück aus der Region rund 200 Vorschläge für einen Trassenverlauf ein, 27 hätten sich auf die bestehende Strecke bezogen. Ob es noch ein Raumordnungsverfahren geben wird, in dem betroffene Verbände, Anwohner und Kommunen ihre Kritik einbringen könnten, muss die Regierung von Oberbayern entscheiden.

Bürgerinitiativen kämpfen auch gegen den südlichen Teil des Brenner-Nordzulaufs von Rosenheim bis Österreich. Für diesen Bereich hat die Bahn schon eine favorisierte Trasse vorgestellt. Sie will nun die Planungen für beide Trassen bis 2024 weiter führen. Voraussichtlich 2025 soll der Bundestag darüber entscheiden. Etwa 2040 könnten laut Bahn erste Züge auf der umstrittenen Strecke rollen. Der Brenner Basistunnel soll schon 2032 fertig werden.


letzte Aktualisierung: 13. Juli 2022, 21:12 Uhr | EVN / dpa | Foto: DB Netz AG