Eschede wegen Schützenfest am Gedenktag zum Zugunglück gespalten


ESCHEDE | Auch 24 Jahre nach dem verheerenden Bahnunglück ist der Name des Ortes Eschede für viele Menschen eng mit der Katastrophe verbunden.

An diesem 3. Juni sorgt eine Veranstaltung des örtlichen Schützenvereins für Aufregung und Unverständnis bei Hinterbliebenen der 101 Toten. „Das ist pietätlos, dieser Tag sollte tabu sein“, sagt Heinrich Löwen, Sprecher der Hinterbliebenen.

Weil die 100-Jahr-Feier des Schützenvereins im vergangenen Jahr ausgefallen ist, soll sie nun 2022 mit einem Fest an Pfingsten nachgeholt werden. Beginnen soll die Jubiläumsfeier am Vormittag des 3. Juni mit Musik. Wie jedes Jahr beginnt gegen 10.30 Uhr die Gedenkfeier zum ICE-Unglück.

Bei dem bislang schwersten Bahnunglück in der bundesdeutschen Geschichte waren 1998 insgesamt 101 Menschen ums Leben gekommen, 105 Reisende wurden verletzt. Ein Intercity-Express war in der Gemeinde im Landkreis Celle mit Tempo 200 gegen eine Betonbrücke geprallt.

Von der Bahn heißt es, man könne in der Diskussion um den Jahrestag 2022 die Empfindungen der Betroffenen gut nachvollziehen. „Für die Deutsche Bahn ist der 3. Juni ein Anlass zum Innehalten. Wir verzichten rund um diesen Tag bundesweit auf unterhaltsame Veranstaltungen und sind auch bei unserer Medienarbeit sehr sensibel“, teilte ein Bahnsprecher mit.

DB-Chef Richard Lutz nehme jedes Jahr an der Gedenkfeier am Mahnmal in Eschede teil, ebenso eine Abordnung von Beschäftigten. „Herr Löwen hat immer betont, dass das Leben zwar weitergehen muss, wir sind aber mit ihm der Meinung, dass der 3. Juni in Eschede dem Gedenken vorbehalten sein muss. Das gebietet der Respekt vor den Opfern.“

Bürgermeister Heinrich Lange will von dem Termin nicht abrücken und verweist darauf, dass 2006 und 2017 bereits das Schützenfest auf den Termin fiel. Die Schützen würden ihre Feier immer an Pfingsten begehen. „In der Mittagszeit ist Ruhe für die Gedenkfeier“, sagt der Verwaltungschef, „die Escheder sind schon sensibel“. Das Gedenken müsse möglich sein, man wolle sich aber nicht von außen auferlegen lassen, was man dürfe.

Ursache des Bahnunglücks 1998 war ein gebrochener Radreifen, der sich an einer Weiche vor der Brücke verhakt hatte. Ein Strafverfahren gegen die Bahn und den Radreifenhersteller wurde 2003 eingestellt.


dpa | Foto: Archiv