Experte zum Wechsel an der Bahnspitze: In der Krise werden Frauen eher Chef

Die Deutsche Bahn steckt in der Krise – und beruft mit Evelyn Palla erstmals eine Frau auf den Chefposten. Ein Wissenschaftler sieht darin ein Beispiel für die Theorie der Gläsernen Klippe.

Die Berufung von Evelyn Palla zur Bahnchefin sieht ein Wissenschaftler als Beispiel für die Theorie der Gläsernen Klippe: Danach steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Frauen in eine Top-Führungsposition berufen werden, wenn ein Unternehmen in einer Krise steckt – sei es finanziell oder durch einen Skandal. Die Chancen sind laut dem Mannheimer Betriebswirtschaftler Max Reinwald in finanziellen Krisen 50 Prozent höher als bei Unternehmen in stabilen Ausgangslagen.

“Die Bahn ist seit Jahren in der Krise. Es ist auch nicht absehbar, dass eine spürbare Besserung sehr schnell eintritt”, sagt Reinwald. “Und das Verkehrsministerium war natürlich auch unter Druck und möchte zeigen: ‘Okay, wir sind dran, wir ändern da was.'”

Unternehmen wollen Signal der Veränderung senden

Hintergrund der Gläsernen Klippe ist laut Reinwald der Versuch von Unternehmen in der Krise, ein Signal zu senden, wonach sie auf Veränderung setzen – das funktioniere besonders gut bei Unternehmen, die stets männliche Chefs gehabt hätten wie der Bahn, sagt der Wissenschaftler.

Laut Reinwald verstärkt sich der Effekt der Gläsernen Klippe auch mit der öffentlichen Sichtbarkeit eines Unternehmens. Je mehr mediale Aufmerksamkeit ein Unternehmen bekomme, desto stärker trete der Effekt auf.

Palla wurde in dieser Woche vom Aufsichtsrat der Deutschen Bahn zur neuen Chefin des Konzerns berufen. Sie wird wohl mit einem Fünfjahresvertrag ausgestattet und ihre neue Aufgabe am 1. Oktober beginnen. Sie war bislang Chefin der Regionalverkehrssparte der Deutschen Bahn, DB Regio. Palla wird Nachfolgerin von Richard Lutz, der den Konzern fast acht Jahre lang führte, zuletzt aber keine Trendwende mehr einleiten konnte.

dpa