Fahrt in den Urlaub meistens mit dem Auto – Nutzung von Bahnreisen steigt


BERLIN | Das Auto spielt bei Urlaubsreisen weiterhin die größte Rolle. Darauf hat Kerstin Hurek vom ACE Auto Club Europa in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Tourismus am Mittwoch unter Leitung der stellvertretenden Vorsitzenden Gülistan Yüksel (SPD) hingewiesen.

Es gebe zwar ein Bewusstsein für nachhaltiges Reisen, aber nachhaltige Mobilität sei noch nicht im Handeln der Verbraucher angekommen. In der Anhörung schilderten Vertreter der Verkehrswirtschaft Möglichkeiten, wie der öffentliche Verkehr im Fern- und Nahbereich gesteigert werden kann.

Laut Hurek hatte das Auto bei Reisen mit Übernachtungen im vergangenen Jahr einen Anteil von 58 Prozent, was gegenüber dem Vorjahr (61 Prozent) einen leichten Rückgang bedeute. Im Vorkrisenjahr 2019 habe der Anteil 59 Prozent betragen. Flugreisen würden sich mit einem Anteil von 16 Prozent wieder dem Vor-Corona-Niveau (17 Prozent) annähern, Bahnreisen den Wert von 2019 (16 Prozent) mit inzwischen 19 Prozent übertreffen. Das Deutschlandticket könnte ein „Game Changer“ für die Mobilitätswende werden. Das Ticket entlaste nicht nur Pendler, sondern leiste einen Beitrag zur Mobilitätswende und zum Klimaschutz in touristischen Regionen. Wichtig sei Preisstabilität.

Für die Anreise in Urlaubsregionen seien schnelle Zugverbindungen erforderlich, sagte Jan Schilling (Deutsche Bahn). Und für die Mobilität vor Ort werde ein flächendeckendes Angebot im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) benötigt, das einfach nutzbar sein müsse, indem das gesamte Angebot digital zu individuellen Reiseketten kombiniert werden könne. Aus Umstiegsorten müssten „Mobilitätshubs“ werden. Urlaubern müsse eine bedarfsgerechte und flexible Möglichkeit geboten werden, ihr Urlaubsquartier zu erreichen.

Das Taxi bedeute eine flexible Mobilität in Ergänzung zu Bus und Bahn, sagte Michael Oppermann (Bundesverband Taxi und Mietwagen). Schon heute setzte das Taxigewerbe vielfach auf Hybrid-Fahrzeuge, die jetzt Stück für Stück durch batterieelektrische Autos abgelöst werden würden. „Die Zukunft des Mobilitätssektors ist elektrisch“, so Oppermann. Er wies darauf hin, dass Taxis Lücken in ÖPNV-Angebot schließen könnten. So könnten ÖPNV-Taxis angeboten werden und Fahrgäste mit einem geringen Aufpreis gegenüber dem Linienverkehr befördern. In vielen ländlichen Gegenden gebe es das bereits als „Anruf-Sammeltaxi“.

Roland Werner (Uber) wies auf Nachteile für Chaffeur-Mietwagen hin. Taxis hätten ein Mehrwertsteuerprivileg von nur sieben Prozent und Vorteile wie Busspuren und Taxistände. Bei Fahrten mit Mietwagen müssten 19 Prozent Mehrwertsteuer berechnet werden. Auch mache die Rückkehrpflicht zum Ausgangsort für Mietwagen die Anbindung touristischer Orte im ländlichen Raum „in Deutschland nahezu unmöglich“. Der Einsatz batterieelektrischer Fahrzeuge werde erschwert, da Leerfahrten große Mengen der Batterieleistung beanspruchen würden. Auch das Bündeln von verschiedenen Fahrwünschen (Pooling) sei nicht möglich.

Die unter anderem vom ACE geforderte intensive Zusammenarbeit von Verkehrsverbünden, Tourismusregionen und lokaler Politik gibt es in verschiedenen Regionen schon. So berichtete Stefan Lösel von der Verkehrsgesellschaft Ludwigslust-Parchim über den ÖPNV im zweitgrößten deutschen Landkreis Ludwigslust-Parchim. Seit 2015 seien die Fahrgastzahlen um 45 Prozent gestiegen. Die Gesellschaft biete ein flächendeckendes Rufbussystem im Stundentakt rund um die Uhr an allen Tagen der Woche. Jede An- und Abfahrt eines Zuges sei an Fahrten der Verkehrsgesellschaft angebunden. Mit bereits 47 Elektrobussen sei der Kurs zum klimaneutralen Busverkehr eingeschlagen worden.

Maximilian Hillmeier (Bad Hindelang Tourismus) stellte das Konzept „EMMI-MOBIL“ (Emissionsfrei, Miteinander, Individuell) vor. Mit elektrisch betriebenen Kleinbussen seien Urlauber und Einheimische quasi von der Haustür an mobil. Die Kleinbusse würden die Passagiere zur nächsten Bushaltestelle oder – falls gerade kein Bus fahre – direkt zum Ziel bringen. Da „EMMI-MOBIL“ die letzte Meile anbiete, bräuchten Urlauber kein Auto. Ziel müsse sein, von Tür zu Tür buchen und bezahlen zu können.

Über eine Kreuzfahrtschifffahrt für nachhaltige Touristik berichtete Georg Ehrmann (Cruise Lines International Association). Die Technologie für einen grünen Betrieb der Schiffe sei bereits weitgehend vorhanden. Die Unternehmen würden teilweise auf Flüssigerdgas (LNG) setzen und durch Beimischung von Bio-LNG sowie von synthetischem LNG Schritt für Schritt zur Dekarbonisierung kommen. Ehrmann verlangte allerdings einen „Markthochlauf“ für nachhaltige Kraftstoffe.


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hib