BERLIN | Wiederholte Streiks bei der Bahn und im Luftverkehr haben die Debatte neu entfacht, ob es mehr Vorgaben für Arbeitskämpfe in kritischen Bereichen braucht. Was hält der Kanzler davon?
Bundeskanzler Olaf Scholz hat Rufen nach Beschränkungen des Streikrechts in wichtigen Versorgungsbereichen wie der Bahn eine Absage erteilt. In der Vergangenheit habe man Entscheidungen getroffen, die bestimmte Bereiche öffentlicher Infrastruktur, die im Hoheitsbereich des Staates von Beamten bewältigt wurden, in privatrechtliche Strukturen überführt hätten, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch in der Regierungsbefragung im Bundestag. “Aber damit haben wir auch die Entscheidung getroffen, dass das Streikrecht gewissermaßen dort auch möglich ist.”
Es komme dabei immer darauf an, “dass alle von ihren Möglichkeiten auch einen guten Gebrauch machen.” Trotzdem sei ihm das Verfassungsgebot sehr wichtig, sagte Scholz mit Blick auf das Streikrecht, das von Gewerkschaften und Arbeitnehmern erkämpft worden sei. Auf eine Abgeordnetenfrage, ob verbindliche Regelungen zu Streiks gerade in Bereichen der kritischen Infrastruktur angebracht seien, antwortete der Kanzler: “Aus meiner Sicht nein.” Angesichts der andauernden Streiks der Lokführergewerkschaft GDL bei der Bahn waren unter anderem aus der Union Forderungen laut geworden, unabhängig vom aktuellen Fall über verpflichtende Schlichtungen und feste Fristen vor und zwischen Streiks nachzudenken.
Scholz sagte: “Es gibt in anderen Ländern viel mehr Streiks und Tarifauseinandersetzungen. Und mancher Manager in Deutschland freut sich sehr, dass es nicht so zugeht wie in anderen Ländern, wo man manchmal auch schnell wegkommen muss. Das passiert bei uns eigentlich nie.” Daher könne man auf die Sozialpartnerschaft setzen. Dazu gehörten auch Regelungen, “dass natürlich niemals eine Gewerkschaft ein Krankenhaus bestreikt und die Kranken gefährdet”. Das gelte auch für andere Dinge. “Das muss immer dazu gehören, dass man dafür sorgt, dass nicht das Land und dass nicht Menschen gefährdet werden. Ich glaube, wir können uns auf die Gewerkschaften in Deutschland in dieser Hinsicht verlassen.”
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dpa