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Rheinland-Pfalz: Eder will Rangliste für Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken


MAINZ | Um die Klimaziele zu erreichen, gibt es nach Einschätzung der grünen Mobilitätsministerin in Rheinland-Pfalz noch viel Luft nach oben. Dazu gehört die Reaktivierung von Bahnstrecken. Doch das dauert.

Die rheinland-pfälzische Mobilitätsministerin Katrin Eder will stillgelegte Bahnstrecken wieder zum Leben erwecken. Zwölf mögliche Projekte hat die Grünen-Politikerin dafür ausgemacht. Bei der Umsetzung müssten allerdings wegen der hohen Kosten Prioritäten gesetzt werden, erläuterte die Grünen-Politikerin in Mainz. Dafür entwickle ihr Ministerium in Zusammenarbeit mit einer externen Beratungsfirma Kriterien für eine Rangliste – auch in Abstimmung mit den Zweckverbänden SPNV Nord und ÖPNV Süd. Der Landtag werde dann entscheiden, welche der Strecken reaktiviert werden können. Der Fahrgastverband Pro Bahn kritisiert das angekündigte Ranking und drückt aufs Tempo.

Um welche zwölf Strecken geht es?

– Die Aartalbahn (Diez – Wiesbaden)
– Die Brexbachtalbahn (vom Neuwieder Stadtteil Engers bis Siershahn im Hunsrück)
– Die Eifelquerbahn (auf dem Abschnitt Kaisersesch – Gerolstein)
– Die Hunsrückquerbahn (von Langenlonsheim über Simmern bis zum Flughafen Hahn/ Morbach)
– Die Kasbachtalbahn (zwischen Linz und Kalenborn)
– Die Bahnstrecke Koblenz-Lützel bis Bassenheim im Kreis Mayen-Koblenz
– Die Glantalbahn (auf der Strecke Staudernheim im Kreis Bad Kreuznach nach Lauterecken und Altenglan im Kreis Kusel)
– Die Zellertalbahn (Langmeil – Monsheim)
– Die Eistalbahn (von Eiswoog nach Enkenbach)
– Die Strecken Landau – Germersheim und Landau – Herxheim
– Die Wieslauterbahn (von Hinterweidenthal in der Südwestpfalz nach Bundenthal-Rumbach an der Grenze zu Frankreich)

Was ist das Ziel?

Ziel ist es, eine Prioritätenliste der „Reaktivierungskandidaten“ noch in diesem Jahr zu erstellen. Die Matrix dafür – eine Art Schablone, um alle im Vergleich betrachten zu können – solle noch vor der Sommerpause vorliegen. Mit Blick auf die Klimaziele müssten mehr Menschen und Güter auf die Schiene gebracht werden, betonte Eder. „Gerade im Verkehrssektor steckt noch viel Potenzial auf dem Weg zur Klimaneutralität.“

Wie sieht das Verfahren aus?

Das Verfahren fuße auf vom Bund vorgesehenen Standards, bei denen es um den volkswirtschaftlichen Nutzen im Verhältnis zu den Kosten gehe. Wenn die Kriterien des Bundes erfüllt seien, übernehme dieser 90 Prozent der Kosten. „Allerdings können auch zehn Prozent für das Land ein absoluter Kraftakt sein“, oft in dreistelliger Millionenhöhe, sagte Eder. Die zusätzlichen Kriterien für die Prioritäten des Landes seien vor allem das CO2-Einsparpotenzial, die Fahrgastzahlen, die Einbindung in das bestehende Netz und die Erschließung des ländlichen Raums.

Wie argumentiert die Ministerin?

Reaktivierungen von Bahnstrecken seien zwar viel preiswerter als Neubauten, aber dennoch „wahnsinnig teuer“, insbesondere, wenn Brücken erneuert werden müssten, erläuterte Eder. Daher müsse im Vorfeld untersucht werden, was sich lohne, auch wenn sie „als Bahnfan“ in den nächsten Jahren gerne alle Projekte aufs Gleis setzen würde. „Es wäre ein Erfolg, wenn wir bis zum Ende der Legislaturperiode bei einigen ausgewählten Projekten schon einen Stein ins Wasser werfen könnten.“

Was kritisiert der Fahrgastverband Pro Bahn?

Der Fahrgastverband Pro Bahn hält das Erarbeiten einer Prioritätenliste für überflüssig und zeitraubend. Er fürchtet, dass Rheinland-Pfalz am Ende bei der Förderung des Bundes leer ausgeht. „Die Fördermittel vom Bund zur Reaktivierung von Bahnstrecken sind begrenzt“, kritisierte der Landesvorsitzende Noah Wand. „Während andere Bundesländer einen Förderantrag nach dem anderen einreichen, diskutieren wir in Rheinland-Pfalz noch über die richtige Reihenfolge.“ Dabei sei im Koalitionsvertrag die Reaktivierung einzelner Strecken wie etwa der Eifelquerbahn bereits festgehalten.

Im Fördertopf des Bundesverkehrsministeriums seien derzeit eine Milliarde Euro jährlich vorgesehen, ab 2025 sogar zwei Milliarden Euro. „Wie schnell dieser Topf geleert werden kann, sehen wir aber auch bei einigen Großprojekten: Die Stadt Hamburg hat bereits Gelder für den ersten Bauabschnitt einer U-Bahn beantragt.“ Dies koste allein rund 1,3 Milliarden Euro „und allein damit bereits mehr, als vom Bund für das gesamte Jahr 2024 vorgesehen“.

Eder betont dagegen, Reaktivierungsprojekte könnten nur umgesetzt werden, wenn fundiert begründete Anträge eingereicht würden. „Auf diese Weise erhalten wir gegenüber dem Bund beste Argumente, gute Projekte und finanzielle Mittel nach Rheinland-Pfalz zu holen.“ Der Bund werde mit Sicherheit nicht allein nach Schnelligkeit der Antragsstellung entscheiden, sondern nach Qualität der Begründung.

Was steht im Koalitionsvertrag?

„Die Reaktivierung der Eifelquerbahn zwischen Gerolstein und Kaisersesch, der Aartalbahn zwischen Diez und Wiesbaden sowie der Strecken Landau – Germersheim, und Landau – Herxheim und der beiden noch vorhandenen Abschnitte der Glantalbahn (Altenglan – Lauterecken sowie Lauterecken – Staudernheim) werden wir auf Basis neuer Bewertungskriterien vorantreiben.“


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dpa