BERLIN | In ICE und Intercity steigen wieder so viele Menschen wie vor der Pandemie. Die Bahn erklärt, wie pünktlich sie dieses Jahr sein will. Und was die hohen Energiekosten für die Fahrpreise bedeuten.
Wer zu Ostern Zug fährt, wird es merken: Es sind wieder mehr Menschen mit der Bahn unterwegs. Trotz hoher Corona-Infektionszahlen kehren die Fahrgäste zurück. Im März saßen erstmals in einem Monat mehr Fahrgäste in den Fernzügen als vor Corona, wie Bahnchef Richard Lutz sagte. Zu Ostern sind Sonderzüge im Einsatz. Dieses Jahr rechnet er mit 130 Millionen Fahrgästen in den ICE und Intercitys – nach 82 Millionen im Jahr 2021.
„Die Menschen wollen Bahn fahren“, sagt Lutz bei jeder Gelegenheit, so auch bei der Bilanzvorlage am Donnerstag. Denn der Staatskonzern braucht die Fahrgäste, damit er finanziell wieder auf die Beine kommt. Höhere Fahrpreise zum Jahresende sind allerdings nicht ausgeschlossen.
Auch Verspätungen nicht: Knapp jeder vierte Fernzug kam vergangenes Jahr zu spät. Dieses Jahr soll es nur noch jeder fünfte sein. Doch schon das ist eine Herausforderung. Denn es fahren so viele Züge wie nie, allein 360 ICE sind es am Jahresende, knapp 100 mehr als noch vor fünf Jahren. Und das Netz hat viele Engstellen. Die Bahn baut auf Rekordniveau – mit Folgen.
„Wachsen auf knapper und weitgehend konstanter Kapazität erzeugt Wachstumsschmerzen, die sich auf Qualität und Pünktlichkeit auswirken“, sagt Lutz. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, den Spagat zwischen Fahren und Bauen zu bewältigen.“ Industrie und Konkurrenten hatten im Winter Zweifel am Baustellenmanagement erkennen lassen.
Menschen und Güter in Deutschland von A nach B zu bringen – das ist das Kerngeschäft des Bahn-Konzerns. Doch auch 2021 hat sie damit kein Geld verdient. Fernverkehr, Regionalverkehr und die Gütersparte, alle drei Konzernsparten fuhren im laufenden Geschäft deutliche Verluste ein.
Während das Kerngeschäft unter Corona litt, glänzte die internationale Logistiksparte DB Schenker, denn stabile Lieferketten sind gefragt. Weder Schenker noch Corona-Hilfen des Bundes konnten den Konzern insgesamt aber aus den roten Zahlen hieven. Unterm Strich stand ein Verlust von 911 Millionen Euro bei einem Rekordumsatz von rund 47 Milliarden Euro.
Das ist besser als im ersten Corona-Jahr 2020, als es bei 40 Milliarden Euro Umsatz 5,7 Milliarden Euro Verlust gab. Dieses Jahr soll sogar ein kleiner Gewinn vor Zinsen und Steuern drin sein. Wann das Jahresergebnis unterm Strich positiv ist – dazu wollten sich Lutz und sein Finanzchef Levin Holle aber nicht festlegen.
Offen blieb auch, ob die hohen Energiepreise Bahnfahren für die Kunden am Jahresende teurer machen. Für 80 Prozent seines Energiebedarfs hat die Bahn voriges Jahr die Preise gesichert, wie Holle erklärte. Der Druck folge zeitversetzt. Dieses Jahr komme man gut klar, ergänzte Lutz. Die Fahrpreise werde man sich im Laufe des Jahres ansehen.
Schulden von 29,1 Milliarden Euro lasten auf dem Staatskonzern, dazu kommen Pensionsverpflichtungen. Bis zu einer halbe Milliarde Euro Zinsen zahlt die Bahn im Jahr. Sie könnte Schenker versilbern. Ein milliardenschwerer Verkaufserlös würde die Schulden spürbar senken, es gibt solche Forderungen von FDP und Grünen. Die SPD als größter Partner in der Bundesregierung ist aber skeptisch. Und die Bahnspitze betont immer wieder, wie froh sie sei, Schenker jetzt zu haben.
Verkauft werden soll ab 2024 die europäische Bus- und Bahntochter Arriva, wie Holle bekräftigte. Sie machte vergangenes Jahr jedoch Verlust. 2022 werde es „einen gewissen Anstieg“ der Konzernschulden geben, deutete Holle an. Grund seien hohen Investitionen, bei denen auch stark gestiegene Baukosten eine Rolle spielen. Wann sinken die Schulden? „Wenn wir voll aus Corona raus sind.“