Zuschlag für Milliardenauftrag um S-Bahn Berlin verzögert sich

Das Ausschreibungsdrama rund um die Berliner S-Bahn geht in die nächste Runde: Der Senat wollte am Donnerstag den Zuschlag erteilen. Nun geht Alstom gegen die Vergabeentscheidung vor.

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Die milliardenschwere Ausschreibung für Teile des Berliner S-Bahn-Netzes verzögert sich weiter. Eigentlich wollte der Senat an diesem Donnerstag den endgültigen Zuschlag an ein Konsortium aus Deutscher Bahn sowie den Zugbauern Siemens und Stadler erteilen, wie die Senatsverwaltung mitteilte. Das war Anfang August bekanntgeworden.

Allerdings habe der unterlegene Bieter gegen die Entscheidung Einspruch in Form eines sogenannten Nachprüfungsantrags bei der Berliner Vergabekammer eingelegt. Dabei handelt es sich um den Wettbewerber Alstom, der bei der Ausschreibung das Nachsehen hatte. Damit verlängert sich die festgesetzte Bindefrist der Angebote, die am Donnerstag auslaufen sollte, weiter. Wie lange, wurde nicht bekannt.

Alstom begründet juristische Prüfung

“Alstom lässt die Vergabeentscheidung für die S-Bahn Berlin juristisch prüfen. Dies geschieht nicht anlasslos: Bereits im März 2024 wurde diese Ausschreibung vom Berliner Kammergericht in zentralen Punkten als vergaberechtswidrig eingestuft”, teilte ein Alstom-Sprecher mit. “Bei einem 15-Milliarden-Auftrag der öffentlichen Hand muss sichergestellt sein, dass echter Wettbewerb stattfindet und sich dadurch das beste S-Bahn-Angebot zum besten Preis durchsetzt.”

In dem größten Vergabeverfahren für den öffentlichen Nahverkehr in Europa geht es um ein Auftragsvolumen von rund 15 Milliarden Euro. Es umfasst den Betrieb mehrerer S-Bahn-Linien ab den 2030er Jahren für 15 Jahre, die Lieferung von 1.400 neuen Wagen und die Fahrzeugwartung für 30 Jahre. Bisher werden die sogenannten Teilnetze Nord-Süd und Stadtbahn ebenso von der Bahntochter S-Bahn Berlin GmbH betrieben wie die Ringbahn. Letztere war nicht Teil der bereits 2020 gestarteten Ausschreibung der Länder Berlin und Brandenburg.

Bündnisse: Klage war zu erwarten

Angesichts der erneuten Klage von Alstom fordern die Bündnisse Bahn für Alle und Eine S-Bahn für Alle den Abbruch der Ausschreibung sowie die anschließende Direktvergabe an eine rekommunalisierte S-Bahn Berlin. “Die Klage von Alstom war zu erwarten. Die gesamte Ausschreibung ist extrem angreifbar, das hat bereits das erste Gerichtsverfahren gezeigt. Die Streitigkeiten werden Berlin weitere drei wertvolle Jahre kosten und vermutlich auch über eine Milliarde Euro an Rechtskosten und für Entschä­digungs­zahlungen”, sagte Carl Waßmuth, Sprecher von Bahn für Alle.

“Wenn die Ausschreibung jetzt aufgehoben wird, bekommt Berlin schneller und günstiger neue S-Bahnen als durch das Gerichtsverfahren – selbst wenn Berlin sich dort am Ende durchsetzt. Dass enorm viel Geld und Zeit vergeudet wird, hatten wir vorausgesagt, jetzt ist es eingetreten. Aber das ist kein Grund, den verlorenen Millionen weiteres gutes Steuergeld hinterherzuwerfen”, so Waßmuth weiter.

dpa / EVN