COTTBUS | Der Bau des neuen ICE-Instandhaltungswerkes in Cottbus ist das Großprojekt der Deutschen Bahn in der Lausitz. Es sollen „neue und hochwertige Industriearbeitsplätze“ in der Region entstehen.
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Das Gelände für das neue Bahnwerk inmitten von Cottbus wirkte an diesem Dienstag wie eine große Geburtstagsparty. Passend zum symbolischen Spatenstich leuchteten auf dem Baufeld 500 rote Luftballons, die den Grundriss der Werkshalle sichtbar machten. Dort soll nach Angaben der Deutschen Bahn (DB) das modernste Instandhaltungswerk des Konzerns für seine ICE-4-Flotte entstehen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hob die Bedeutung nicht nur für die Region hervor: „Das neue Werk Cottbus sendet auch ein Aufbruchsignal für ganz Ostdeutschland.“ Wenn Ostdeutschland weiter aufhole, sei das eine gute Nachricht für Deutschland insgesamt. Den Start des Großvorhabens in der zweitgrößten Stadt Brandenburgs begleiteten auch Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und Bahn-Chef Richard Lutz.
Das Projekt ist eines der bedeutendsten Vorhaben zur Strukturstärkung in der Kohleregion Lausitz und das erste, das auf Basis des Strukturstärkungsgesetzes des Bundes finanziert wird. Investitionen in Höhe von einer Milliarde Euro sind vorgesehen.
Der bundeseigene Bahn-Konzern errichtet zunächst die erste von zwei Werkshallen auf dem Gelände vor dem bestehenden Bahn-Standort. In zwei Jahren sollen dort die ersten ICE-4-Züge gewartet werden. 500 neue Arbeits- und Ausbildungsplätze werden bis 2024 nach DB-Angaben entstehen. Mit der Fertigstellung der zweiten Werkshalle im Jahr 2026 werden es dann insgesamt 1200 neue Stellen sein. Neue und hochwertige Industriearbeitsplätze sollen entstehen. Der Konzern setzt dabei voll auf Digitalisierung und Automatisierung.
Scholz ist mittlerweile zum dritten Mal auf dem Bahngelände. Langsam reiche es für einen Mitarbeiterausweis, scherzte der Kanzler – und wurde dann wieder ernst. Die Lausitz habe in den vergangenen Jahrzehnten einen dramatischen Umbruch erlebt, den viele als „Abbruch“ erlebten. Die gute Nachricht sei: Die Lausitz bleibe auch im 21. Jahrhundert eine Industrieregion, betonte der SPD-Politiker.
Für DB-Vorstandschef Lutz ist der Spatenstich ein Symbol des Wandels. „Wir schaffen für die Menschen Zukunft und Perspektive in ihrer Heimat.“ Er fügte hinzu: „Wir brauchen dieses neue Werk, damit unsere ICE-Flotte weiter wachsen kann und damit mehr Menschen Bahn fahren. Nur so sind unsere Klimaziele erreichbar.“
„Das Bahnwerk ist für viele Menschen hier in der Region Cottbus Teil der eigenen Familiengeschichte. (…) Es gibt kaum eine Familie, wo nicht irgendjemand im Bahnwerk Cottbus früher gearbeitet hat“, erinnerte Brandenburgs Regierungschef, der aus der Lausitz kommt und den Niedergang des Werks miterlebt hat. Die Gefahr habe einmal bestanden, dass das Werk gänzlich geschlossen wird. Deshalb sei das Werk für viele Menschen in der Region ein „Herzensprojekt“.
In die neuen Werkshallen können nach Worten von Michael Theurer, Beauftragter der Bundesregierung für den Schienenverkehr, die 374 Meter langen XXL-ICE mit 13 Wagen und 918 Sitzplätzen in voller Länge einfahren – ein Novum, wie er sagte. Von den kürzeren ICE passen zwei je rund 200 Meter lange Züge mit jeweils sieben Wagen hintereinander auf die Gleise. So können Mitarbeitende an allen Wagen gleichzeitig arbeiten, was die Instandhaltung der Züge beschleunige. Die Revision eines ICE 4 soll ihm zufolge im neuen Werk in weniger als zwei Wochen erfolgen. Bisher dauert sie bis zu fünf Wochen.
Lutz sprach von „Bauen in Rekordtempo“. Scholz stellte aber eine Beschleunigung solcher Vorhaben in Aussicht. „Wir müssen insgesamt schneller werden in Deutschland mit unseren Planungs- und Genehmigungsverfahren, damit wir unsere Klimaziele erreichen und damit in unserem Land viele gute neue Arbeitsplätze entstehen.“ Zukunftsprojekte auf den Gebieten Energie, Infrastruktur, Bau und Umweltrecht „werden wir künftig in der Hälfte der Zeit planen und genehmigen“, sagte er. Noch in diesem Jahr werde die Bundesregierung dafür alle notwendigen Entscheidungen treffen.