Allianz pro Schiene: Europa tritt bei Verkehrsverlagerung auf der Stelle

Güterzugwagen auf einem Abstellgleis (Foto: © Pink Badger / Fotolia)
Güterzugwagen auf einem Abstellgleis (Foto: © Pink Badger / Fotolia)

Die Allianz pro Schiene und das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE) kristieren die aktuelle Verkehrspolitik der Bundesregierung. Aber auch in anderen europäischen Ländern sieht es nicht viel besser aus, wie der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im EU-Parlament, Michael Cramer, feststellt.


Im Nachgang zum Pariser Klimavertrag hat der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im EU-Parlament, Michael Cramer, den Stand der Verlagerungsbemühungen in verschiedenen europäischen Ländern als „unbefriedigend“ bewertet. „Güter von der Straße auf die Schiene zu verlagern, ist seit Jahren das vornehmste Ziel der Verkehrspolitik in vielen europäischen Ländern und der Europäischen Union. Die Wirklichkeit sieht allerdings ganz anders aus“, sagte Cramer am 18. März auf einer Pressekonferenz der Allianz pro Schiene und des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE). „Während nach dem aktuellen Bericht der Europäischen Umweltagentur der Marktanteil der klimaschonenden Güterbahnen europaweit stagniert, verstopfen zahllose Lkw auf der Langstrecke die Autobahnen.“ Dass Deutschland als Haupttransitland mit überlangen Riesen-Lkw experimentiert und die Güterbahnen zugleich hoch besteuert, passe schlecht zu den ehrgeizigen Zielen im EU-Weißbuch Verkehr, erläuterte Cramer und nannte als Beispiel für eine gelungene Güterverkehrspolitik die Schweiz.

„Die deutsche Verkehrspolitik steckt noch tief im fossilen Zeitalter“, sagte der Allianz pro Schiene-Geschäftsführer, Dirk Flege. „Während andere Sektoren – die Industrie, das verarbeitende Gewerbe, die Energieerzeuger – seit 1990 ihre klimaschädlichen Emissionen beträchtlich senken konnten, hat der deutsche Verkehrssektor seit 25 Jahren keine Minderung erzielt.“ Flege kritisierte, dass die Bundesregierung mit einer Fülle von Wettbewerbsvorteilen für den Straßengüterverkehr die parteiübergreifend geforderte Verlagerung von Gütern auf die Schiene selber ausgebremst habe. „Jeder Autofahrer wundert sich, warum immer mehr Lkw auf unseren Straßen unterwegs sind, obwohl auch im aktuellen Koalitionsvertag wieder eine Entlastung der Straßen versprochen wird“, sagte Flege und verwies darauf, dass der Bundesverkehrsminister erst Anfang 2015 die Lkw-Maut massiv gesenkt habe. „Dass der Gütertransport auf der Schiene trotz der verheerenden Rahmenbedingungen seinen Marktanteil behaupten konnte, ist eine beachtliche Leistung der Güterbahnen“, sagte Flege und forderte von der Politik ganz konkrete Maßnahmen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene zu stärken. „Vor allem eine Senkung der Stromsteuer wäre ein gutes und schnell umsetzbares Instrument, um die jüngsten Belastungen der Bahnen durch die erhöhte EEG-Umlage abzufedern.“

Auch der Geschäftsführer des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE), Peter Westenberger, forderte von der Politik, eine gesamthafte Strategie, um die Verlagerungsversprechen einlösen zu können. In einem aktuellen Schreiben an die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung vom gleichen Tage kritisiert der Verband der Wettbewerbsbahnen die bekannt gewordene Überlegung, das einzige konkret bezifferte Verlagerungsziel der Bundesregierung aufzugeben. 2002 hatte die Bundesregierung als Bestandteil der „Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie“ beschlossen, den Anteil der Schiene im Güterverkehr bis 2015 auf 25 Prozent zu erhöhen. Zuletzt lag der Marktanteil wie in den vergangenen Jahren nur bei gut 17 Prozent. „Es wäre ein politischer Offenbarungseid, jetzt das verfehlte Ziel schlicht zu streichen, statt endlich die notwendigen Maßnahmen zu seiner Erreichung auf den Weg zu bringen!“ Konkrete Zielmarken für 2030 und 2050 müssten auf die existenten EU-Verkehrs- und Klimaschutzziele abgestimmt werden.

„Deutschland will auch im Verkehr bis 2050 treibhausgasneutral werden. Das ist ohne einen massiven Ausbau des Schienengüterverkehrs unmöglich!“, so Westenberger. Die Politik sei dagegen schlecht beraten, auf Phantasiekonzepte wie den Langstrecken-Elektro-Lkw oder den Antrieb mit biogenen Kraftstoffen zu setzen. Diese Technologien seien unfinanzierbar und ineffizient, könnten aber die überfälligen Weichenstellungen zum Ausbau der Schiene blockieren.

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