Der Technikkonzern Siemens rüstet derzeit das Kopenhagener S-Bahn-Netz mit einem neuen funkbasierten Signalsystem aus. Die Siemens-Bahntechnik soll damit die Taktzeit um rund 25 Prozent verkürzen. Das erste Teilstück der dänischen Stadtschnellbahn ist nun mit dem neuen System in Betrieb gegangen.
Siemens rüstet derzeit das komplette 170 Kilometer lange, doppelgleisige S-Bahn-Netz Kopenhagens mit einem funkbasierten Zugsteuerungssystem aus. Nun ging in der dänischen Hauptstadt die erste von sechs Strecken mit der neuen Siemens-Signaltechnik in Betrieb. Das eröffnete 25 Kilometer lange Teilstück führt vom Vorort Hillerod im Norden nach Jaegersborg östlich von Kopenhagen und wird täglich von mehr als 70.000 Pendlern genutzt. Im Kernnetz werden nach der Eröffnung aller sechs Trassen bis zu 84 Züge pro Stunde fahren.
“Durch den Ersatz der teilweise mehr als 60 Jahre alten Signaltechnik werden Kapazität und Zuverlässigkeit des Betriebs deutlich erhöht. Die S-Bahn wird für Berufspendler attraktiver und der Individualverkehr reduziert. Gleichzeitig senken die modernen Systeme den Energieverbrauch”, sagt Jochen Eickholt, Chef der Bahnsparte von Siemens.
Die Kopenhagener S-Bahn ist das Rückgrat des öffentlichen Nahverkehrs der Hauptstadt. Täglich werden rund 350.000 Fahrgäste befördert – und es werden täglich mehr. Denn der Ballungsraum rund um die dänische Metropole wächst: Mittlerweile lebt mehr als ein Fünftel der dänischen Gesamtbevölkerung dort. Siemens rüstet daher das gesamte Liniennetz der S-Bahn mit dem Zugsteuerungssystem Trainguard MT aus, das mittels Funktechnologie (Communications-Based Train Control, CBTC) einen automatischen Betrieb ermöglicht. Dadurch kann die Taktzeit der Züge im Innenstadtbereich von derzeit 120 Sekunden auf 90 Sekunden verkürzt werden.
In Kopenhagen wird zunächst ein teilautomatisierter Betrieb realisiert. Das bedeutet: Die S-Bahnen werden in weiten Teilen automatisch gesteuert, jedoch unter Mitwirkung des Fahrers.
Im August 2011 beauftragte der dänische Bahninfrastrukturbetreiber Banedanmark den Siemens-Konzern mit der Modernisierung der gesamten Signaltechnik des Kopenhagener S-Bahn-Netzes. Das Auftragsvolumen beläuft sich auf 252 Mio. EUR, der größte Auftrag, den Siemens auf diesem Gebiet je erhalten hat. Neben der Installation des vollautomatischen Zugbeeinflussungssystems Trainguard MT, den elektronischen Stellwerken vom Typ Trackguard Sicas ECC sowie Weichenantrieben, umfasst der Lieferumfang auch On-Board Units für insgesamt 135 S-Bahn-Züge sowie das Betriebsleitsystem (Controlguide OCS), das den Verkehr überwacht und Stellwerke sowie Infrastruktur steuert. Der mit Siemens geschlossene Vertrag umfasst zudem die Wartung über den Zeitraum von 25 Jahren.
Trainguard MT
Um eine reibungslose Mobilität auf der Schiene sicherzustellen, müssen bestimmte Vorgänge automatisiert werden. Nach Angaben des Herstellers Siemens lässt sich mit Trainguard MT die Kapazität um bis zu 50 Prozent steigern. Kurze Zugfolgen von 80 bis 90 Sekunden sind realisierbar. Optimierte Beschleunigungs-, Fahr- und Bremsvorgänge verbrauchen weniger Energie. Abhängig vom Automatisierungsgrad kann der Verbrauch um bis zu 30 Prozent reduziert werden. Gleichzeitig erhöht sich die Pünktlichkeit der Züge. Das automatisierte System berechnet auf Basis der Streckendaten exakt wie und an welchen Stellen beschleunigt und gebremst werden muss, um pünktlich an der nächsten Station anzukommen.
Das modulare Zugbeeinflussungssystem Trainguard MT bietet die signaltechnische Basis für sichere und effiziente Nahverkehrssysteme. Das System enthält Funktionen für die Überwachung, Durchführung und Steuerung des gesamten Arbeitsablaufes. Es kann in unterschiedlichen Automatisierungsgraden, z.B. halbautomatischer Betrieb, fahrergesteuerter und fahrerloser Betrieb, ausgeführt werden.
Die Siemens-Lösung Trainguard MT ist heute das meist verbreitete System weltweit und wird bei mehr als 25 Metrobetreibern eingesetzt. Beispielsweise fahren in Sao Paulo, Barcelona, Algier, Paris und Guangzhou U-Bahnen mit dieser Technik.