Nach Angaben der Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung (BEU) ließ am 23. Februar 2016 der für den Bereich Pinneberg zuständige Fahrdienstleiter eine unzulässige Einfahrt in einen besetzten Gleisabschnitt zu. Dieser Vorfall, der im Zeitraum einer Störung der Gleisfreimeldeanlage geschah, hätte beinahe zu einem Unfall geführt und wird von der Untersuchungsbehörde als gefährliches Ereignis eingestuft.
Am 23. Februar 2016 gegen 15:44 Uhr wurde dem Zug RE 21073 in der Betriebsstelle Pinneberg auf der Strecke Pinneberg – Hamburg-Eidelstedt (DB-Streckennummer: 1220) die Zustimmung zur Ausfahrt durch Ersatzsignalbedienung (Signal Zs 1) in den besetzten Blockabschnitt in Richtung Hamburg erteilt. Dieser kam ca. 150 Meter vor dem letzten Wagen der vorausfahrenden Zugfahrt DPN 83825 entfernt zum Stehen. Nach Eintritt des gefährlichen Ereignisses wurden bis ca. 16:58 Uhr keine weiteren Zugfahrten in Richtung Hamburg, bis zur Übernahme des Dienstes durch einen anderen Fahrdienstleiter, zugelassen.
Hergang des Vorfalls
Gegen 14:40 Uhr durchfuhr eine Messfahrt (NbZ 91965) den Bahnhof Pinneberg aus Richtung Tornesch kommend, in Richtung Hamburg-Eidelstedt und hinterließ sowohl einfahr- als auch ausfahrseitig Gleisfreimeldestörungen in den achszählergesteuerten Abschnitten, welche sich in Form einer dauerhaften Besetztmeldung äußerten. Die nachfolgenden vier Zugfahrten in Richtung Hamburg-Eidelstedt wurden auf Ersatzsignal durchgeführt. Die Bedienung des gestörten und Halt zeigenden Ausfahrsignals P5, als auch die der Blocksignale (Sbk 34 und Sbk 32) fand mittels Zs 1-Bedienung statt. Gegen 15:47 Uhr meldete sich der Triebfahrzeugführer der RE 21073 über Zugfunk beim Fahrdienstleiter Pinneberg und teilte ihm mit, dass vor ihm ein anderer Zug (DPN 83825) stünde. Die Zugspitze befände sich ca. bei km 14,500 und die Entfernung zum Ende des vor ihm stehenden Zuges betrüge ca. 150 m.
Auswertung und Schlussfolgerungen
Auf Grundlage der im Rahmen der Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse ist festzustellen, dass es aufgrund betrieblicher Fehlhandlungen zu einer unzulässigen Einfahrt in einen besetzten Gleisabschnitt kam.
Bei Störzuständen an Blockeinrichtungen ist laut Regelwerk der DB AG (Ril 408) der Block zu sperren und die Einzelräumungsprüfung durchzuführen. Nach vorgegebener Art und Weise des Regelwerkes ist mit der Gegenstelle in Kontakt zu treten und die anschließende Räumung des Streckengleises im Zugmeldebuch zu dokumentieren. Somit wird betrieblich gewährleistet, dass Züge erst in einen gestörten Abschnitt eingelassen werden, wenn das Freisein dieses Abschnittes durch den zuständigen Fahrdienstleiter festgestellt und nachgewiesen wurde. Im vorliegenden Fall geschah weder die Sperrung, noch die Kontaktaufnahme oder diese Dokumentation in vorgeschriebener Art und Weise. Fernerhin ist bei Störzuständen an der Stellwerkstechnik eine laut Regelwerk (Ril 482) vorgegebene Bedienreihenfolge einzuhalten, bei der auch registrierpflichtige Hilfshandlungen notwendig sind. Diese sind in entsprechender Art und Weise (im konkreten Fall auf dem Ausdruck des Störungsdruckers) zu dokumentieren und zu begründen, was gleichfalls nicht geschah.
Die im Rahmen der Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse lassen erkennen, dass trotz längerer Einweisung und mehrerer Einsätze auf der Örtlichkeit keine Handlungssicherheit bei Störungen bestand. Eine, auf fundiertem Wissen aufsetzende Kenntnis der betrieblichen Abläufe hätte die notwendige Handlungssicherheit gegeben, um auch im Störungsfall den Eisenbahnbetrieb sicher durchführen zu können und hätte dadurch zur Vermeidung des Ereignisses beigetragen.
Getroffene Maßnahmen
Der betroffene Fahrdienstleiter wird in dieser Funktion nicht mehr eingesetzt. Ein Einsatz als Weichenwärter wurde betreiberseitig befürwortet.
Es wurde mit Gültigkeit ab 3. März 2016 eine betriebliche Weisung (BM 2016-006/B-BW) durch die DB Netz AG veröffentlicht, in der gemäß dem Titel auf das Thema der “Voraussetzungen vor Zulassung einer Zugfahrt mit besonderem Auftrag für Lehrgespräche in Betriebskontrollen“ eingegangen wurde.
red/BEU