Es soll die längste Hängebrücke der Welt werden und für Milliardenkosten Sizilien mit dem Festland verbinden. Doch Kritiker sprechen von Symbolpolitik und Geldverschwendung.
Nach jahrzehntelanger Debatte hat Italien den Bau einer Brücke zwischen dem Festland und der Mittelmeerinsel Sizilien genehmigt. Ein interministerieller Ausschuss unter Vorsitz von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat grünes Licht für das mehr als 13,5 Milliarden Euro schwere Projekt gegeben.
Die Brücke soll die süditalienische Region Kalabrien mit Sizilien verbinden. Bisher kann die rund drei Kilometer breite Meerenge nur mit der Fähre überquert werden. Geplant ist, dass künftig Autos und Züge in beide Richtungen rollen. Erste vorbereitende Arbeiten sollen im Herbst beginnen, mit dem eigentlichen Bau könnte 2026 gestartet werden. Die Fertigstellung ist bis 2032 vorgesehen.
Die geplante Brücke über die Straße von Messina wäre mit einer Spannweite von mehr als drei Kilometern die längste Hängebrücke der Welt. Dabei ist das Vorhaben hochumstritten: Umweltorganisationen, Wissenschaftler und die Opposition warnen vor seismischen Risiken, ökologischen Folgen und möglichem Einfluss der Mafia.
Symbolpolitik oder Triebkraft für Süditalien?
Das Bauwerk war bereits in einer Verordnung aus dem Jahr 1971 vorgesehen, wurde jedoch immer wieder verschoben oder gestoppt – zuletzt 2013. Die Regierung unter Meloni brachte das Projekt 2022 erneut auf den Weg. Für Verkehrsminister Matteo Salvini ist die Brücke ein Prestigeprojekt. Der Vorsitzende der rechten Regierungspartei Lega spricht von einem “Beschleuniger für die Entwicklung” Süditaliens. Kritiker werfen ihm hingegen Symbolpolitik und Geldverschwendung vor.
Erdbeben, Umwelt, Militär und Mafia
Besonders umstritten ist der Standort: Die Region ist seismisch aktiv, beim Erdbeben von 1908 kamen in Messina über 70.000 Menschen ums Leben. “Es wird nach den höchsten internationalen Ingenieursstandards gebaut”, versichert Pietro Salini, Geschäftsführer von Webuild, der das Konsortium Eurolink für den Bau des Bauwerks leitet. Die Gruppe verweist auf internationale Erfahrungen mit Hängebrücken in Erdbebengebieten wie Japan oder der Türkei. Zudem sei die Brücke auch so konzipiert, dass sie Windkräften standhalte, die in der Meerenge von Messina noch nie gemessen worden seien.
Auch aus Umweltkreisen kommt scharfer Widerstand. Verbände werfen der Regierung vor, Umwelt- und Sicherheitsauflagen zu lockern oder zu umgehen. Für zusätzliche Diskussion sorgt die geplante Einstufung des Projekts als “sicherheitsrelevante Infrastruktur” mit Blick auf Nato-Verpflichtungen und mögliche militärische Nutzung.
Auch die Sicherheitslage sorgt für Besorgnis: Kalabrien gilt als Machtzentrum der ‘Ndrangheta, einer der einflussreichsten Mafiaorganisationen Europas. Salvini betonte, es würden strenge Anti-Mafia-Protokolle greifen, wie bei internationalen Großveranstaltungen. “Wenn die Brücke wegen der Mafia und der ‘Ndrangheta nicht gebaut werden kann, dann machen wir gar nichts mehr”, so Salvini.

dpa