Immer wieder wird bei Auseinandersetzungen in Berlin ein Messer gezückt und auch eingesetzt. Am Wochenende hat das tödliche Folgen. Der Vorfall könnte weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen.
Nach dem tödlichen Messerangriff in einer U-Bahn unterstützt Verkehrssenatorin Ute Bonde den Vorstoß für Messerverbotszonen im öffentlichen Nahverkehr. “Ich finde auch, dass wir das prüfen sollen.” Zugleich stellte die CDU-Politikerin einen raschen Beschluss des Senats womöglich noch während der gerade begonnenen Osterferien in Aussicht.
Der Senat werde mit den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) jetzt Gespräche darüber führen. “Ich glaube, dass die BVG auch schon entsprechend vorbereitet ist, und dass – wenn wir das beschließen – das dann auch sehr schnell umgesetzt werden kann.”
Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hatte dem Tagesspiegel zuvor gesagt: “Ich verfolge mit großem Interesse die Maßnahmen der Bundespolizei mit den Waffen- und Messerverboten im Bereich der Bahnhöfe.” Vergleichbares könne sie sich auch für den Berliner ÖPNV vorstellen.
Bisher drei Messerverbotszonen
Seit Februar gibt es in Berlin drei vom Senat festgelegte Messerverbotszonen am Leopoldplatz, am Görlitzer Park und am Kottbusser Tor. Die Polizei kann hier unabhängig von konkreten Verdachtsmomenten Kontrollen durchführen. Laut Spranger prüft der Senat schon länger eine Ausweitung. Waffen- und Messerverbotszonen seien nicht nur ein rechtliches Instrument, sondern sendeten auch ein Signal an die Stadtgesellschaft. “Der Rechtsstaat muss entschieden gegen Messerangriffe vorgehen”, sagte Spranger der Zeitung.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht solche Zonen seit längerem kritisch. Sie fordert ein generelles Verbot von Messern in der Öffentlichkeit und nicht nur in bestimmten Zonen.
Zwei Tote nach Messerangriff in U-Bahn
Am Samstag soll laut Polizei ein 43 Jahre alter Syrer einen 29-jährigen Deutschen in einer U-Bahn mit einem Küchenmesser niedergestochen und tödlich verletzt haben. Die Männer sollen zuvor in einem Zug der U12 im Berliner Westen in Streit geraten sein.
Das Opfer verließ noch die Bahn auf dem U-Bahnhof Sophie-Charlotte-Platz in Charlottenburg, brach auf dem Bahnsteig zusammen und starb trotz Reanimationsversuchen noch vor Ort.
Vier Kugeln treffen den Angreifer
Der mutmaßliche Angreifer wurde wenig später auf der Straße mehrmals von einem Polizisten angeschossen, weil er mit einem Küchenmesser auf mehrere Beamte zugegangen sein soll. Er starb später in einem Krankenhaus.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft ergab die Obduktion des Syrers, dass er von vier Kugeln getroffen wurde. Zwei Schüsse trafen den Mann in Kniehöhe, jeweils einer am Oberkörper und Hals, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte. Bislang hieß es, mindestens drei Schüsse hätten den 43-Jährigen getroffen.

Ermittlungen gegen Polizisten
Gegen den Polizisten wird wegen Verdachts des Totschlags ermittelt. Dies ist üblich, wenn Polizisten im Einsatz auf Menschen schießen. Unter anderem durch die Vernehmung von Zeugen soll laut Staatsanwaltschaft geklärt werden, ob die Schüsse in einer Notwehrsituation abgegeben wurden.
Aufenthaltserlaubnis bis Oktober 2025
Der Syrer besaß nach Angaben der Staatsanwaltschaft einen Aufenthaltstitel mit Aufenthaltserlaubnis bis zum 12. Oktober 2025. Laut Innenverwaltung erkannte ihm das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2016 den Flüchtlingsstatus zu und gewährte ihm Aufenthalt aus humanitären Gründen. Dieser Status werde regelmäßig überprüft.
Nach Erkenntnissen der Ermittler waren beide Männer polizei- und justizbekannt. Sie seien jeweils mehrfach aufgefallen unter anderem durch Körperverletzungen, Drogendelikte oder tätliche Angriffe auf Vollstreckungsbeamte.
Warum sie in der U-Bahn in Streit gerieten, ist noch offen. Sie seien “binnen Sekunden” aneinandergeraten, hieß es von Polizei und Staatsanwaltschaft. Die Ermittler gehen nicht davon aus, dass sich die Männer vorher kannten. Laut Behörden liegen bislang keine Hinweise auf eine islamistisch-terroristische Motivlage vor.
AfD fordert “konsequente Remigrationspolitik”
Die AfD-Fraktion hält mehr Messerverbotszonen für das falsche Mittel im Kampf gegen Messerkriminalität. “Mit der Symptombekämpfung muss endlich Schluss sein”, forderte ihr innenpolitischer Sprecher Thorsten Weiß. “Nicht Messer sind das Problem, sondern die Migranten, die damit zustechen.”
In einem Positionspapier zur Inneren Sicherheit fordert die AfD-Fraktion unter anderem “eine entschlossene Remigrationspolitik”. “Remigration, wie wir sie verstehen, bedeutet die schnelle und konsequente Rückführung von Personen, die kein Aufenthaltsrecht in Deutschland haben oder die gegen unsere Gesetze verstoßen”, erklärte die Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker.
Zahl der Messerangriffe laut Statistik hoch
Im vergangenen Jahr registrierte die Polizei in Berlin laut Kriminalitätsstatistik 3.412 Messerangriffe – also fast 10 pro Tag. Das waren insgesamt zwar 70 Attacken oder zwei Prozent weniger als im Vorjahr. Die Zahl bedeute jedoch den zweithöchsten Wert im Langzeitvergleich und sei eindeutig zu hoch, hatte Innensenatorin Spranger vor kurzem bei der Vorstellung der Statistik erklärt. Knapp 88 Prozent der ermittelten Tatverdächtigen bei Messerattacken waren männlich, 58 Prozent hatten keine deutsche Staatsangehörigkeit.

dpa