Neue Kinzigtalbahn hält nicht in Schenkenzell und Loßburg


Die neuen batteriebetriebenen Züge der Kinzigtalbahn fahren umweltschonend – und am Bahnhof Schenkenzell vorbei. Warum das so ist.

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Wegen einer fehlenden Weiche sehen viele Pendler und Schüler in Schenkenzell (Kreis Rottweil) die batteriebetriebenen Züge der Kinzigtalbahn im Herzen des Schwarzwalds an sich vorbeirauschen. Denn seit dem Fahrplanwechsel fährt ein Großteil der neuen Züge den dortigen Bahnhof tagsüber nicht mehr an – und das soll so noch bis Ende 2026 bleiben. Auch zwei Stationen weiter in Loßburg (Kreis Freudenstadt) herrscht Ernüchterung, auch hier hat die Bahn Halte gestrichen.

Stattdessen fahren Dieselbusse im Ersatzverkehr. Diesel, den man sich eigentlich durch den Einsatz der neuen Züge schenken wollte. Laut dem Verkehrsministerium werden zwar rund 2.000 Liter Diesel am Tag eingespart – die Busse verbrauchen aber im Gegenzug rund 145 Liter am Tag. Ein Irrsinn, wie viele Einwohner finden.

36 Sekunden entscheiden über Halt

Seit Mitte Dezember werden auf der Kinzigtalbahn Batteriezüge eingesetzt. Diese haben einen ausfahrbaren Tritt für einen barrierefreien Zugang. “Die Trittbretter brauchen 36 Sekunden pro Halt zum Aus- und Einfahren”, sagt der Bürgermeister von Schenkenzell, Bernd Heinzelmann. Durch die Verzögerung könne der Fahrplan nicht eingehalten werden und der Zug nicht in Freudenstadt wenden.

Denn in Freudenstadt fehlt eine Weiche. Diese wird es laut Bahn erst Ende 2026 geben. Viele Bürger hätten sich bei ihm beschwert, sagt Heinzelmann. Sogar eine Postkartenaktion aus Protest an das Verkehrsministerium in Stuttgart habe es gegeben.

Die Bahn, sprich die DB InfraGo AG, wisse laut Heinzelmann schon seit Jahren, dass die Weiche in Freudenstadt kommen muss. “Es ist nicht okay, was hier passiert ist.” Er sei weiterhin bemüht, das Ganze nicht einschlafen zu lassen. “Weil wir hier vor allen Dingen vermeiden wollen, dass nach zwei Jahren dann das Fazit lautet: ‘Ja, das hat ja funktioniert.'”

Betroffene sind empört

“Es ist für mich in keinster Weise nachvollziehbar, dass man zwei Ortschaften komplett abhängt vom Zug”, sagt Kathrin Kilguß, eine betroffene Bürgerin. Sie fühle sich abgehängt. “Und ich bin auch ein Stück weit frustriert, dass vermehrt Leute wieder aufs Auto umsteigen, weil so ein Nahverkehr nicht zuverlässig funktioniert und das macht einfach wütend”.

Auch die betroffene Daniela Rielke ist verärgert, sehr sogar. Vor allem über die Unpünktlichkeit. “Die Busse fahren unregelmäßig. Manchmal kommt der fünf Minuten später oder kommt früher und fährt vor der Nase weg. Dann muss ich hier warten, komme so spät zur Arbeit.”

Und was sagt das Verkehrsministerium dazu?

Aus dem Verkehrsministerium heißt es: “Es war eine sehr bewusste Abwägung, dass das Betriebskonzept auf der Kinzigtalbahn in der aktuellen Form umgesetzt wurde. Im Vordergrund stand, dass bis zum Einbau der Weiche in Freudenstadt möglichst wenige Menschen in der Region negativ betroffen und möglichst viele entlastet werden. Dieses Ziel ist aus unserer Sicht erreicht.”

Zusätzliche Halte würden sich auf die Betriebsqualität auswirken – sprich die Pünktlichkeit würde sinken. “Damit verbunden ist die Gefahr, Anschlüsse zu verpassen oder Verspätungen auf andere Linien zu übertragen”, sagte ein Behördensprecher. Um alle Halte, bedienen zu können, sei es notwendig an der Endstation Freudenstadt zwei Gleise benutzen zu können. “Hierfür ist der Einbau einer Weichenverbindung erforderlich. Sobald dieser erfolgt ist, kann das Konzept mit allen Halten umgesetzt werden.”

Die geplante Weiche in Freudenstadt soll eine “überschlagende Wende” ermöglichen. Dabei soll der einfahrende Zug auf ein neues Gleis ausweichen. Die Rückfahrt soll sofort von einem anderen Zug, der an einem anderen Gleis abfährt, übernommen werden.


dpa / EVN