MÜNCHEN | Durchschnittlich fast eine Viertelstunde Verspätung hatten Züge aus Prag bei ihrer Ankunft in München im Jahr 2022. Aus Sicht der Grünen im Landtag ein nicht hinnehmbarer Zustand. Sie werfen der Staatsregierung politisches Versagen vor.
Wer mit der Bahn von Prag nach München fährt, kann davon ausgehen, dass er nicht pünktlich ankommen wird – im Durchschnitt beträgt die Verspätung 14:55 Minuten. Das ist das Ergebnis einer Anfrage der Landtags-Grünen an die Staatsregierung, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. Im Jahr 2021 seien es im Schnitt noch knapp sechs Minuten Verspätung gewesen. Auch in die umgekehrte Fahrtrichtung kommen die Züge ALX RE 25/EX 355 im Schnitt zu spät an, und zwar um fünf Minuten. Grund für die Verzögerungen sind demnach in der Hälfte der Fälle Grenzkontrollen im stehenden Zug. Die Grünen fordern einen “Bahn-Turbo”.
Der Anfrage nach werden die Verspätungszeiten nicht nur länger, sie häufen sich auch. Das Nadelöhr sei Schwandorf, so die Grünen. Dort habe sich von 2021 auf 2022 die Zahl der verpassten Anschlüsse mehr als verfünffacht – von 7,6 auf mehr als 39 Prozent. 40 Prozent der Fahrgäste hätten dort ihren Anschlusszug verpasst.
Die Zugverbindung Prag–München sei ein Dauerproblem, kritisieren die Grünen. Die Fahrt dauere 5:35 Stunden, was “viel zu lang für die Verbindung zweier Metropolen” sei. In Schwandorf werden die Zugteile aus Prag und Hof zusammengekoppelt. Ist ein Zugteil deutlich verspätet, fährt der andere ab, ohne zu warten, erläutert eine Sprecherin. Die Fahrgäste müssen dann in Schwandorf auf den nächsten Zug warten.
Die wichtige Strecke Prag–München wird durch die massiven Verspätungen völlig unattraktiv, sagte Grünen-Mobilitätssprecher Markus Büchler. Ursache sei die fehlgeleitete Verkehrspolitik der CSU. Sie habe die Infrastruktur dieser Strecke jahrzehntelang vernachlässigt. “Die Grenzkontrollen im stehenden Zug verschlimmern die Situation noch. Aktuell ist der Betrieb auf dieser Strecke ein einziger Konstruktionsfehler. Politisches Versagen auf ganzer Linie!”
Bühler zufolge trägt die Staatsregierung unter Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Verantwortung “für den maroden Zustand” der Verbindung München–Prag. Der europapolitische Sprecher der Landtags-Grünen ergänzte: “Grenzkontrollen dürfen nicht zu Lasten der Zugfahrgäste gehen. Eine vorausschauende Verkehrspolitik erkennt das.” Es gebe gut funktionierende Beispiele wie die Strecke München–Salzburg. Dort würden Kontrollen stichprobenartig im fahrenden Zug durchgeführt. “Das ist effektiv, spart Zeit und Nerven. Ein Anhalten des Zuges ist dagegen nicht akzeptabel.”
Die Länderbahn, die die Strecke auf deutscher Seite der Grenze bedient, hatte selbst im vergangenen Sommer die Verspätungen kritisiert und dabei auf die rund viertelstündigen Grenzkontrollen im stehenden Zug in Furth im Wald verwiesen. Diese seien allerdings nicht der einzige Grund, so eine Sprecherin damals. Die Züge kämen oftmals schon mit Verspätung in Furth im Wald an, das liege aber in der Hand des tschechischen Betreibers.
dpa