Wird aus dem Deutschlandticket bald ein Über-50-Euro-Ticket?


BERLIN | Nach dem kurzen Sommerschnäppchen für 9 Euro steht in einigen Wochen der Start des künftigen 49-Euro-Tickets an – es soll zum Umstieg in Bus und Bahn ermuntern. Doch wird daraus womöglich bald ein Über-50-Euro-Ticket?

Millionen Fahrgäste können es allmählich schon mal für sich abschätzen: Lohnt das künftige Deutschlandticket für alle Busse und Bahnen im bundesweiten Nahverkehr? Da kommt es auf praktische Konditionen vom Ticketkauf bis zu etwaigen Mitnahmemöglichkeiten an, die nun noch geklärt werden müssen. Und bis zum angepeilten Start am 1. Mai ist nicht mehr viel Zeit. Es zählt aber auch der Preis, der zur Einführung bei verlockenden 49 Euro pro Monat liegt. Das ist klar günstiger als das, was Pendlerinnen und Pendler sonst für regionale Abos zahlen. Doch ungewiss ist: Wie lange bleibt es bei den 49 Euro? Die Verbraucherzentralen fordern eine mehrjährige Preisgarantie.

Die Mobilitätsexpertin des Bundesverbands (vzbv), Marion Jungbluth, sagte kürzlich der Nachrichtenagentur dpa, es brauche „eine verbindliche Zusage von Bund und Ländern, dass der Ticketpreis von 49 Euro im Monat bis Ende 2025 stabil bleibt“. Bis dahin sei die Finanzierung des Bundes zugesagt. Sie warnte davor, den Preis womöglich sogar jährlich anzupassen. Für den Erfolg des Tickets, das „eigentlich ein Deutschlandabo“ sei, wären das verheerende Signale. Denn wenn man sich jetzt für eine Umstellung eines bestehenden Abos entscheide, bräuchten Fahrgäste dafür eine „verlässliche Preisaussage“.

Tatsächlich machen Bund und Länder keinen Hehl daraus, dass es sich bei den 49 Euro ausdrücklich um einen „Einführungspreis“ handelt. Es sind also spätere Erhöhungen möglich. Die amtliche Bezeichnung lautet deswegen auch Deutschlandticket, nicht 49-Euro-Ticket. Vorgesehen ist ein digital buchbares, monatlich kündbares Abonnement. Es soll an das beliebte 9-Euro-Ticket aus dem Sommer 2022 anknüpfen und weiterhin Entlastung in der hohen Inflation bringen. Mit dem neuen dauerhaften Angebot geht es aber auch um einen Anreiz zum Umsteigen auf Bus und Bahn – ganz ohne komplexe Tarifzonen und zu einem günstigen Preis.

Um Wechselwillige zu locken, gibt es etwa bei Strom und Gas teils Preisgarantien – also Versprechen, Preise für gewisse Zeit stabil zu halten. Beim Deutschlandticket kommen aus Politik und Branche aber zurückhaltende Signale. Das Bundesverkehrsministerium verwies auf frühere Regierungsaussagen, wonach die 49 Euro zumindest im ersten Jahr 2023 Bestand haben dürften. Das nordrhein-westfälische Ressort, das den Vorsitz der Länder-Verkehrsministerkonferenz hat, erklärte, es gebe derzeit keine Pläne für eine Erhöhung. „Der Einführungspreis steht“, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Bund und Länder hätten sich aber darauf verständigt, den Ticketpreis jährlich zu überprüfen.

Hintergrund ist, dass das Angebot überhaupt nur mit Extra-Milliarden aus der Staatskasse finanziert werden kann. Nach langem Ringen mit den Ländern hatte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) einen Gesetzentwurf dazu in den Bundestag eingebracht. Demnach will der Bund von 2023 bis 2025 jeweils 1,5 Milliarden Euro zusätzlich bereitstellen, um Einnahmeausfälle bei Verkehrsanbietern zur Hälfte auszugleichen. Für die andere Hälfte sollen die Länder aufkommen.

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) erläuterte, über den Ticketpreis entschieden Bund und Länder. Aus Sicht der Anbieter und Verkehrsverbünde müsse auch in Zukunft vor allem ein vollständiger Ausgleich von Mindereinnahmen und steigenden Kosten etwa für Gehälter und Energie gewährleistet sein. Bus- und Bahnbetreiber dürften nicht in wirtschaftliche Schieflage geraten und dadurch gezwungen werden, Angebote auszudünnen oder einzustellen. „Das wäre auch nicht gut für die Fahrgäste“, sagte Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff.

Überhaupt könnten sich quer durch die Republik noch vielfältigere Preise ergeben als überall 49 Euro. Für viele werde der Preis des Deutschlandtickets eher noch günstiger ausfallen, erläuterte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums – da es von Anfang an so angelegt worden sei, dass die Länder auch weitere Vergünstigungen etwa für Azubi-, Schüler- oder Sozialtickets vornehmen können. Das gelte auch für Jobtickets für Arbeitnehmer. Erste Länder hätten entsprechende Tarife bekannt gemacht, was man ausdrücklich begrüße.


dpa / EVN