LONDON | Im Streit um höhere Löhne und sichere Arbeitsplätze bei der britischen Bahn verschärfen die Gewerkschaften den Ton.
Die konservative Regierung plane einen Angriff auf grundlegende Rechte der Arbeitnehmer, sagte die Chefin des Dachverbands Trades Union Congress (TUC), Frances O’Grady, der Zeitung Financial Times (Donnerstag). Der Generalsekretär der Bahngewerkschaft RMT, Mick Lynch, drohte mit einem Generalstreik, falls die Regierung die Streikrechte wie angekündigt deutlich einschränkt. Dann werde es “den größten Widerstand der gesamten Gewerkschaftsbewegung” in der Geschichte geben, sagte Lynch.
Die RMT und die Lokführergewerkschaft Aslef haben ihre Mitglieder beim staatlichen Streckennetzbetreiber Network Rail und bei mehreren privaten Bahnanbietern wiederholt zu Streiks aufgerufen. Am Mittwoch legten 40 000 Beschäftigte die Arbeit nieder, es kam landesweit zu erheblichen Verkehrsproblemen. Am Samstag streiken die Lokführer, und für August haben beide Gewerkschaften ebenfalls an mehreren Tagen zu Ausständen aufgerufen. Sie fordern deutlich stärkere Lohnanstiege sowie Sicherheit für die Arbeitsplätze.
Die britische Regierung verweigert eine Teilnahme an den Gesprächen. Verkehrsminister Grant Shapps verurteilte den Arbeitskampf als “militant” und will streikgeschädigten Unternehmen ermöglichen, kurzfristig günstige Zeitarbeitskräfte anzuheuern. Außenministerin Liz Truss, die Favoritin auf die Nachfolge von Premierminister Boris Johnson, kündigte an, die Macht der Gewerkschaften zu brechen.
Auch die Opposition zog den Unmut der Arbeitnehmervertretungen auf sich. Nachdem Schatten-Verkehrsminister Sam Tarry von der Labour-Partei gegen den Willen von Parteichef Keir Starmer an einem RMT-Streikposten teilgenommen und die Regierungspolitik kritisiert hatte, wurde er gefeuert. Die eng mit den Gewerkschaften verbundene Labour-Partei teilte mit, sie stehe zwar stets an der Seite der Arbeitnehmer. Allerdings müssten Auftritte des Spitzenpersonals abgesprochen werden. Die Gewerkschaften reagierten empört.