BERLIN | Wer nicht mehr jeden Tag ins Büro muss, für den rechnet sich nicht unbedingt eine Dauerkarte für den Nahverkehr. Aus Stammkunden werden in der Pandemie Gelegenheitsfahrer – nicht nur vorübergehend.
In der Corona-Krise haben Tausende Kunden der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) ihr Abo gekündigt – und sie werden nach Erwartung des Unternehmens auch nicht schnell zurückkehren. 2020 hatte der Landesbetrieb 1.500 Stammkunden mit Umweltkarte oder Firmenticket verloren, im vergangenen Jahr waren es 14.800. Damit hat Corona einen jahrelangen Wachstumstrend vorerst gedreht.
“Die während der Pandemie verlorengegangenen Abonnenten können nicht wieder vollständig zurückgewonnen werden”, stellt der jüngst veröffentlichte Geschäftsbericht der BVG fest. “Die Kunden haben ihr Mobilitätsverhalten in der Zeit der Pandemie verändert und behalten dieses zum Teil bei.” So nutzten die Menschen flexiblere Fahrkartenangebote oder seien aufs Fahrrad umgestiegen.
Ende 2012 hatten noch 290.000 Fahrgäste eine Umweltkarte der BVG und 90.000 ein Firmenticket, wie ein Sprecher mitteilte. Dass die Gesamtzahl der Abonnenten mit 868.660 im vergangenen Jahr insgesamt nur um 1200 unter dem Vorjahr lag, hat damit zu tun, dass auch die rund 372.000 kostenlose Abos für Schüler und das Ticket für Landesbeschäftigte eingerechnet sind, außerdem Dauerkarten für Azubis, Senioren und 10-Uhr-Karten.
Abos sind für das Landesunternehmen ein wichtiger Faktor. Mit rund 277 Millionen Euro brachten sie im vergangenen Jahr gut die Hälfte der Fahrgeldeinnahmen. Für Gelegenheitsfahrer testet der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) ein “Flexticket”. Für 44 Euro gibt es acht personalisierte Fahrkarten, die innerhalb eines Monats jeweils 24 Stunden im Stadtgebiet (Tarifbereich AB) genutzt werden können. Derzeit ist aber das Aktionsticket für 9 Euro im Monat günstiger.
Die Pandemie belastet weiterhin das Geschäft des Landesunternehmens. Es geht davon aus, in diesem Jahr noch einmal knapp 97 Millionen Euro Corona-Hilfe vom Land zu benötigen.
Die BVG erwartet auch, künftig mehr für Strom und Diesel ausgeben zu müssen. In diesem Jahr seien die Preise für 90 Prozent der benötigten Energie aber gesichert. Befürchtet wird, dass sich Stahl, Zement und Beton für Bauvorhaben des Unternehmens weiter verteuern. Bei längerfristiger Materialknappheit sei auch ein Wartungs- und Instandhaltungsstau möglich.
Wie sich das auf die Fahrpreise auswirkt, ist noch offen. Im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg ist Bus- und Bahnfahren seit eineinhalb Jahren nicht teurer geworden. Üblicherweise entscheidet der Aufsichtsrat des Verbunds im September darüber, wie sich die Fahrpreise zum Jahreswechsel entwickeln.