Länder streiten über Umgang mit 9-Euro-Ticket für Hartz-IV-Empfänger


KARLSRUHE / MAINZ | Anders als in manch anderem Bundesland sollen Hartz-IV-Empfänger in Baden-Württemberg wegen des 9-Euro-Tickets Geld zurückzahlen.

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Die Jobcenter sollten nur die tatsächlich anfallenden Ticketkosten übernehmen, argumentiert das Wirtschaftsministerium in Stuttgart laut einem Bericht der Badischen Neuesten Nachrichten in Karlsruhe. Die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Dorothea Kliche-Behnke, nannte das in der Zeitung „grotesk und gewissenlos“. Der Landesvorsitzende des Sozialverbands VdK, Hans-Josef Hotz, hält die rechtliche Situation demnach zwar für nachvollziehbar. Aus menschlicher Sicht solle man aber auf Rückforderungen verzichten, sagte er dem Blatt.

„Ein finanzieller Schaden entsteht den Familien nicht“, argumentierte eine Sprecherin des Ministeriums. „Insbesondere für diese Kinder und Jugendlichen ist das 9-Euro-Ticket dennoch ein großer Gewinn, denn damit können deutlich weitere Strecken zurückgelegt werden als mit den Schülerfahrkarten.“

Beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales hieß es der Zeitung zufolge, ein Verzicht auf die Rückforderung sei nicht nur sozialpolitisch sachgerecht, sondern lasse sich auch aus den Regelungen aus dem zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs herleiten. Man werde alle Landesministerien anschreiben, seine Rechtsauffassung klar darlegen und bitten, diese zu berücksichtigen, hieß es aus Berlin.

Auch der rheinland-pfälzische Sozialminister Alexander Schweitzer (SPD) hat sich dagegen ausgesprochen, die Vergünstigung des 9-Euro-Tickets im Nahverkehr auf Hartz-IV-Leistungen anzurechnen. „Leider ist es trotz einer bundesgesetzlichen Regelung in einzelnen Ländern zu Irritationen gekommen, da das 9-Euro-Ticket dort auf Leistungen angerechnet werden soll, die Jobcenter für Bildung und Teilhabe erbracht haben“, hieß es am Freitag aus dem Sozialministerium in Mainz. „Ich bin der Auffassung, dass das 9-Euro-Ticket keinesfalls auf die Regelsätze der Sozialhilfe und der Grundsicherung für Arbeitsuchende angerechnet werden sollte“, sagte Schweitzer.

„Die Regelsätze sind angesichts der hohen Kosten für Energie, Lebensmittel und einer extrem dynamischen Inflation ohnehin zu gering bemessen“, merkte der Minister an. Rheinland-Pfalz setze sich daher für eine Änderung der Mechanismen zur Bemessung der Regelsätze ein, damit die Sätze auch im Laufe eines Jahres an die Inflation angepasst werden könnten.


dpa | Foto: EVN