Bahnbetriebsunfall in München-Riem: Hemmschuh war Ursache für Güterzugentgleisung

© Bundespolizei

Nach bisherigen Ermittlungen der Bundespolizeiinspektion München war ein Hemmschuh ursächlich für die Entgleisung eines Güterzuges am Samstagmorgen (28. April 2018), kurz nach Mitternacht. An der Unfallstelle wurden zwei Hemmschuhe, einer davon in einer Weiche liegend, entdeckt. Die weiteren Ermittlungen richten sich nun darauf, ob der korrekte Betriebsablauf gegeben war und warum die Hemmschuhe vor Abfahrt des Güterzuges nicht entfernt worden waren.


© Bundespolizei

Der Güterzug 69150 verließ gegen Mitternacht den Umschlagbahnhof. Die elektrische Lokomotive zog 25 Containerauflieger (Gesamtlänge 668 m). Der Zug hatte 120 beladene und 8 leere Achsen bei einem Ladungsgewicht von rund 940 t. Das Gesamtgewicht betrug etwa 1.580 t. Der Güterzug war zu 86 % ausgelastet.

Gegen 00:05 Uhr war auf der Strecke vom Umschlagbahnhof München Riem in Richtung Bahnhof Riem auf Höhe Bahnkilometer 6,800 der Güterzug 69150 entgleist. Es kam zu einem Sachschaden, der bahnseitig mittlerweile auf rund 4 Millionen Euro geschätzt wird.

Bei dem Unfall wurden keine Personen verletzt, allerdings stand der 58-jährige Lokführer unter Schock.

Das Triebfahrzeug wurde, wie auch die ersten beiden Containerauflieger, sehr stark im Bereich des Unterbodens und der Drehgestelle beschädigt. Die betroffenen Fahrzeuge mussten mittels Kran aus dem Gleisbereich gehoben werden; sie waren nicht mehr fahrbereit. Die Oberleitung wurde auf ca. 70 bis 80 m heruntergerissen. Ein Oberleitungsmast wurde am Fundament abgetrennt und durch den Güterzug mitgeschleift, bis er sich zwischen Lok und erstem Wagen verkeilte.

Die betroffenen Gleise (Auszugsgleis zum Umschlagbahnhof, Strecke München Ost – Mühldorf am Inn / Simbach am Inn) wurden sehr stark beschädigt. Schienen, Schwellen, Weichen, Schienenschrauben, Weichenmotor, Betriebskabel und PZB-Magneten sowie Schotterbett wurden zerstört bzw. massiv in Mitleidenschaft gezogen.

Ermittlungsstand der Bundespolizei

Im Bereich der Unfallstelle wurden zwei deformierte Hemmschuhe (Sicherungskeile) aufgefunden. Nach erster Auswertung der Spurenlage, insbesondere der aufgefundenen Hemmschuhe, ist nach derzeitigem Ermittlungsstand folgender Tathergang rekonstruiert worden: Es muss laut Bundespolizei davon ausgegangen werden, dass der erste Containerauflieger des GZ 69150 mit Hemmschuhen gesichert wurde und diese vor Abfahrt pflichtwidrig nicht entfernt worden waren.

Beim Anfahren des Güterzuges wurden die Sicherungskeile mitgeschleift. Schließlich verkantete bzw. verkeilte sich einer der Sicherungskeile unter dem Zug in einer Weiche. Dadurch wurde eines oder mehrere Drehgestelle aus der Spur gehoben, was im Verlauf der Fahrt zur Entgleisung und dem Schadenseintritt führte.

Quelle: Facebook / Markus Ockeloen

Die Fertigstellung des Zuges, das Kuppeln der Lok und die Freimeldung lagen im Verantwortungsbereich mehrerer Personen, die für den korrekten Betriebsablauf verantwortlich waren. Bei einer ordnungsgemäßen und sorgfältigen Überprüfung des Zuges vor Fahrtantritt hätten die Hemmschuhe auf den Gleisen bemerkt werden müssen. Die Bundespolizei ermittelt derzeit gegen die am Betriebsablauf verantwortlichen Mitarbeiter wegen des Verdachts des gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr gemäß § 315a StGB.

Hinweise auf weitere mögliche Ursachen, wie z.B. das Einwirken einer oder mehrerer Betriebsfremder, gibt es derzeit nicht; es gilt als nahezu ausgeschlossen. Zum derzeitigem Ermittlungsstand ist auch ein technischer Defekt unwahrscheinlich.

Die Lokomotive sowie die beiden entgleisten Containerauflieger sind mittlerweile geborgen. Aufgrund der Instandsetzungsarbeiten im Gleisbereich ist der Zugverkehr am Mittwochmorgen (2. Mai 2018) auf der Strecke eingleisig teilweise wieder angelaufen.


red

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .