Auf dem S-Bahn-Netz der Bundeshauptstadt wird auch in diesem Jahr wieder fleißig gearbeitet. Neben dem Wechsel von Schienen und Weichen sowie anderen Baumaßnahmen ist ein Schwerpunktthema die weitere Umrüstung auf das neue digitale Zugsicherungssystem ZBS, das bislang nur auf einem Teil des S-Bahn-Streckennetzes verbaut ist.
Mit dem neuen Zugbeeinflussungssystem S-Bahn Berlin (ZBS) soll nicht nur eine Zwangsbremsung beim Nichtbeachten eines Haltesignals herbeigeführt werden; das System ermöglicht auch – anders als die alte mechanische Zugsicherung – eine punktuelle Überwachung der zulässigen Geschwindigkeiten. In diesem Jahr sollen Streckenabschnitte der S 1 im Süden, der S 5 im Westen sowie der S 7 im Osten und Westen auf das neue System nachgerüstet werden. Für diese und andere Baumaßnahmen müssen diverse Sperrungen eingerichtet werden. „Das Thema ZBS und der Bau elektronischer Stellwerke wird sich auch durch die nächsten Jahre ziehen“, erklärte Jens Hebbe, Leiter der Betriebszentrale S-Bahn bei der DB Netz AG.
ZBS – Das neue Zugsicherungssystem
Das ZBS ist eine Entwicklung der S-Bahn Berlin GmbH, der DB Netz AG und Siemens. Die Planungen hierzu begannen bereits Mitte der 1990er Jahre – parallel zur Entwicklung des europäischen Zugsicherungssystems ETCS. Im August 2007 erhielt Siemens den Auftrag 600 Fahrzeuge und 332 km S-Bahn-Strecke mit dem neuen System auszurüsten.
Technisch gesehen bedient sich das ZBS einiger Elemente des auf europäischer Ebene standardisierten Zugsicherungssystems European Train Control System (ETCS). Das neue Zugsicherungssystem der Berliner S-Bahn ist daher mit dem ETCS Level 1 vergleichbar, jedoch nicht kompatibel. Für die punktuelle Informationsübertragung von der Strecke auf das Fahrzeug werden im Gleis montierte Informationsträger, die so genannten Balisen, verwendet. Hierbei handelt es sich um magnetisch gekoppelte Transponder, die bei der Überfahrt einen Datensatz, der als Telegramm bezeichnet wird, auf das Fahrzeug übertragen.
Das alte System mit mechanischen Fahrsperren
Das bisher eingesetzte, eigenständige Zugbeeinflussungssystem, bei dem die sogenannten Bernauer Fahrsperren zur Anwendung kommen, stammt aus den 1920er Jahren. Anders als im Großteil des deutschen Streckennetzes der DB Netz AG, erfolgt hier die Beeinflussung der Züge nicht durch eine induktiv wirkende Punktförmige Zugbeeinflussung (PZB), sondern durch eine mechanische Fahrsperre. Überfährt ein Zug im alten System ein Halt zeigendes Signal, so löst der zum Gleis geklappte Streckenanschlag durch eine mechanische Berührung mit dem Fahrzeug eine Zwangsbremsung aus, die den Zug zum Anhalten zwingt. Ein Nachteil des alten Systems ist aber die fehlende Überwachung einer Geschwindigkeitsreduktion. Eine überhöhte Geschwindigkeit könnte daher dazu führen, dass trotz einer Zwangsbremsung der Durchrutschweg hinter einem Haltsignal nicht mehr ausreicht um den Zug vor einem Gefahrenpunkt rechtzeitig anzuhalten. Die Folge: Es bestünde die Gefahr von Unfällen.
Da eine Modernisierung der Zugsicherungstechnik bis Ende 2014 nicht abgeschlossen werden konnte, drohte der Berliner S-Bahn im Jahr 2015 ein Tempolimit von 50 km/h, statt der üblichen Fahrgeschwindigkeit von höchstens 80 Stundenkilometer. Aufgrund einer Ausnahmegenehmigung des Bundesverkehrsministeriums darf die S-Bahn Berlin ihr altes System auf den noch nicht umgerüsteten Streckenabschnitten noch bis Ende 2025 nutzen.
red