Wer regelmäßig die Münchner S-Bahn nutzt, dem könnte ein bestimmtes Lichtzeichen bereits aufgefallen sein: Ein weiß leuchtendes “U”. Doch der erste Gedanke, bei dem Lichtzeichen könnte es sich um einen Richtungsanzeiger (Signal Zs 2) handeln, ist falsch.
Es gibt einige Signale und Zeichen, die im Signalbuch (Richtlinie 301) sowie in der Eisenbahn-Signalordnung (ESO) nicht aufgeführt sind, da sie nur lokal, regional oder in einem sehr begrenzten Umfang verwendet werden. Ein weiß leuchtendes “U” auf den Bahnhöfen und Haltepunkten der Münchner S-Bahn gehört ebenfalls dazu.
Auf den ersten Blick sieht das Lichtzeichen wie ein Richtungsanzeiger aus – einem Zusatzsignal, dem so genannten Zs 2. Wie im Signalbuch unter 301.0301 Abs. 3 nachzulesen ist, ist ein Richtungsanzeiger ein Signal, das einen weiß leuchtenden Buchstaben (in unserem Fall ein “U”) anzeigt. Ein Richtungsanzeiger gibt an, in welche Richtung oder welches Streckengleis die Fahrstraße für einen Zug gestellt ist. Da es auf der Stammstrecke im Tunnel aber nur zwei Gleise – das Regel- und das Gegengleis gibt – und keine Abzweigstelle vorhanden ist, macht ein Zs 2 an dieser Stelle keinen Sinn.
Weiter wird beschrieben, dass nach Abs. 3 Nr. 3, das Signal nur gegeben wird, wenn das Hauptsignal Fahrt zeigt. Doch das weiße “U” leuchtet auch bei Hp 0, einem Hauptsignal in Haltstellung. Es ist also definitiv kein Richtungsanzeiger!
Um was für ein Zeichen handelt es sich denn dann?
Die Lösung ist in den örtlichen Zusätzen für das Zugpersonal im Streckenbuch, den früheren örtlichen Richtlinien für das Zugpersonal, zu finden. Hier ist zu lesen: „Bei Lichtzeichen “U” übernimmt Zf Zugaufsicht.“ Das heißt, der Triebfahrzeugführer übernimmt zugleich die Aufgaben des Zugführers (? Unterschied zwischen Lokführer und Zugführer) und nimmt damit anstelle der (nicht besetzten) örtlichen Aufsicht, die Abfertigung des Zuges selbst wahr.
Das “U” steht also für “unbesetzt” und wird an Bahnhöfen und Haltepunkten gezeigt, an denen zeitlich begrenzt (in einigen Fällen auch dauerhaft) keine örtliche Aufsicht vorhanden ist, die sonst in der Regel für die Zugaufsicht am Bahnsteig zuständig wäre.
Das Regelwerk führt zudem auf, dass das Zeichen nur auf den folgenden Streckenabschnitten in München verwendet wird:
- München Ost (S-Bahn) – Deisenhofen
- München-Pasing – Tunnelabschnitt – Ostbahnhof (S-Bahn-Stammstrecke)
- München Ost (S-Bahn) – Leuchtenbergring – München-Daglfing
- München Ost (S-Bahn) – Leuchtenbergring – Hultschiner Straße – München-Steinhausen Betriebsbahnhof
Zugabfertigung durch Servicepersonal der örtlichen Aufsicht
Wird die Zugaufsicht durch das örtliche Personal am Bahnsteig wahrgenommen, so ist das Signal bei Einfahrt des Zuges in den Bahnhof oder Haltepunkt dunkel. Sobald der Fahrgastwechsel abgeschlossen ist, erhält der Triebfahrzeugführer ein Lichtsignal mit weiß leuchtendem “T”, die Aufforderung zum Schließen der Türen. Das Lichtzeichen “T” wird im Signalbuch als Signal “Zp 10” geführt und bei der S-Bahn München auch als “Zp T” bezeichnet. Anschließend erteilt die örtliche Aufsicht mittels Signal “Zp 9” (Lichtsignal mit grünem Ring) den Abfahrauftrag.
Ist die örtliche Aufsicht am Bahnsteig besetzt, wird das “U” nicht verwendet. Das dortige Servicepersonal, das die Zugaufsicht wahrnimmt, ist auch Ansprechpartner für Fragen der Fahrgäste. In erster Linie und vorrangig sind die Mitarbeiter jedoch für die Sicherheit der Reisenden und die ordnungsgemäße Zugabfertigung zuständig.