Wer keine Fahrkarte hat und die Strafe nicht bezahlt, kann dafür ins Gefängnis kommen. Die Stadtverordneten in Frankfurt am Main finden das unverhältnismäßig. Sie beschließen, dass kein Strafantrag mehr gestellt wird.
Frankfurt will Schwarzfahren entkriminalisieren. Die Stadtverordnetenversammlung stimmte am Abend einem Antrag der Linken zu: Fahren ohne Fahrerlaubnis soll nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden.
Der Magistrat muss nun den städtischen Verkehrsbetrieben die Weisung erteilen, “auf die Stellung eines Strafantrags bei Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs ohne Fahrschein zu verzichten”. Mit der Annahme des Antrags wurde gerechnet, da zuvor bereits in einem Ausschuss eine Mehrheit zustande kam.
Kontrollen sollen “Freifahrscheinmentalität” verhindern
Schwarzfahren an sich soll aber weiter verboten bleiben. Wer ohne Fahrschein erwischt wird, muss ein “erhöhtes Beförderungsentgelt” von 60 Euro bezahlen. Neu ist, dass kein Strafantrag mehr gestellt werden soll. Das heißt, am Ende droht auch keine Ersatzfreiheitsstrafe, falls die Geldstrafe nicht bezahlt wird.
“Gemessen am angerichteten Schaden ist dies eine unverhältnismäßig schwere Bestrafung”, heißt es in dem Antrag der Linken. Zudem belaste die Vielzahl an Verfahren Gerichte und Staatsanwaltschaften.
Mobilitätsdezernent (Grüne) Wolfgang Siefert begrüßte den Beschluss. Auch er findet: “Es ist unverhältnismäßig, dass Menschen für das Fahren ohne gültigen Fahrschein ins Gefängnis gehen”. Das erhöhte Beförderungsentgelt sei eine adäquate Sanktionierung. “Die Fahrscheine in Bus und Bahn kontrollieren wir in Frankfurt weiterhin engmaschig, um zu verhindern, dass eine ‘Freifahrscheinmentalität’ entsteht.”
In anderen Städten bereits umgesetzt
Eine solche Vorgehensweise ist in anderen Städten im Rhein-Main-Gebiet bereits beschlossen. In den Landeshauptstädten von Rheinland-Pfalz und Hessen, Mainz und Wiesbaden, wurde dafür 2024 beziehungsweise 2023 grünes Licht gegeben.
Etwa in Wiesbaden wurde der Schritt ebenfalls damit begründet, dass eine mögliche Freiheitsstrafe für das Schwarzfahren unverhältnismäßig sei. Mobilitätsdezernent Siefert wünscht sich eine Vereinheitlichung: “In einem nächsten Schritt wäre eine bundesweit einheitliche Regelung sinnvoll”.
Strafbestand bleibt weiter bestehen
Der Straftatbestand ist mit dem Frankfurter Beschluss nicht aus der Welt. Hierfür müsste das Strafgesetzbuch geändert werden. Dort heißt es im Paragrafen 265a: “Wer die Leistung eines Automaten oder eines öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationsnetzes, die Beförderung durch ein Verkehrsmittel oder den Zutritt zu einer Veranstaltung oder einer Einrichtung in der Absicht erschleicht, das Entgelt nicht zu entrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.”
Der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) befürwortet einheitliche Regeln auf allen Ebenen, lokal, regional und bundesweit, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilte. Durch Schwarzfahren büße der Verbund jährlich rund 50 Millionen Euro ein. Etwa fünf Prozent der Fahrgäste seien jeweils in den vergangenen Jahren ohne gültiges Ticket unterwegs gewesen. Der Branchenverband VDV fordert, Schwarzfahren müsse eine Straftat bleiben. Klare und abschreckende Konsequenzen seien nötig.


dpa / EVN