Ex-GDL-Chef Weselsky würde als Bahnchef Hälfte der Führungskräfte entlassen

16 Jahre lang war er Chef der Lokführergewerkschaft (GDL) – doch auch ein Jahr nach dem Ausscheiden aus dem Amt, denkt Claus Weselsky nicht ans Aufhören. Über den bevorstehenden Wechsel an der Bahn-Spitze hat er sich in einem Interview geäußert.

Die Deutsche Bahn hat aufgrund vieler Probleme derzeit keinen besonders guten Ruf. Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung verriet der frühere GDL-Chef, warum das aus seiner Sicht so ist: „Der Ruf der Deutschen Bahn ist geschädigt von Nieten in Nadelstreifen. Nicht von mir oder den Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern”.

Zudem kritisierte Weselsky die Gehälter der Top-Angestellten des Konzerns: “Wenn ein unfähiger Bahn-Vorstand zwei Millionen Euro verdient, stimmt etwas nicht. Die Manager saugen das Land aus und stellen keine vernünftigen Zugverbindungen bereit.”

Kritik übte der 66-Jährige auch an der personellen Aufstellung bei der Bahn. “Wenn ich Bahn-Chef wäre, würde ich mehr als die Hälfte der 3500 Führungskräfte entlassen. Das sind heute viel zu viele“, sagte Weselsky der SZ. „Alle Führungskräfte würden ihre Dienstwagen abgeben und Zug fahren, damit sie jeden Tag die Probleme der Bahn vor Augen haben.” Er selbst kenne kein Unternehmen, “in der die Manager wie bei der Bahn das eigene Produkt meiden wie der Teufel das Weihwasser.“

Weselsky führte 16 Jahre lang die Lokführergewerkschaft GDL – bekannt wurde er dabei vor allem durch zahlreiche Bahnstreiks und seine ausdrucksstarke Kommunikation gegenüber der Bahnspitze. Im September vergangenen Jahres übergab er den Chefposten an seinen Nachfolger Mario Reiß. Doch Ruhestand kommt für Weselsky noch nicht in Frage. Er ist stellvertretender Bundesvorsitzender beim Deutschen Beamtenbund und gehört dem Vorstand der Genossenschaft Fair Train an.

EVN