Nach Streikwelle 2024: Viele Lokführer senken Arbeitszeit nicht ab


Unter Ex-Chef Claus Weselsky zog die Lokführergewerkschaft GDL 2024 in teils tagelange Streiks bei der Bahn. Hauptforderung: Die 35-Stunden-Woche. Doch wollen die Beschäftigten die überhaupt?

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Bei den zahlreichen Streiks vor eineinhalb Jahren kämpfte die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer für eine 35-Stunden-Woche bei der Deutschen Bahn – doch viele Beschäftigte wollen nun nicht weniger arbeiten. Das geht aus einer Auswertung des Konzerns hervor. Zuvor hatte die Süddeutsche Zeitung berichtet.

Wahl zwischen weniger Arbeit und 2,7 Prozent mehr Lohn

Die Arbeitnehmer im Schichtbetrieb hatten demnach bis zum 30. Juni die Wahl, ob sie im kommenden Jahr 37 statt 38 Stunden pro Woche arbeiten. Wer bei 38 Stunden bleibt, bekommt ab Januar 2,7 Prozent mehr Lohn. Der DB-Auswertung zufolge nahmen 66 Prozent der Schichtarbeiter in Betrieben, die nach GDL-Tarif bezahlt werden, an der Wahl teil. Hätten sie sich nicht gemeldet, wäre die Arbeitszeit automatisch abgesenkt worden.

In Verbindung mit weiteren Veränderungen durch den Tarifvertrag geht die DB nun davon aus, dass mehr als 90 Prozent des Zugpersonals im kommenden Jahr mehr als 37 Stunden pro Woche arbeiten wird.

Für die Bahn bedeutet die Entscheidung vieler Beschäftigter, dass sie infolge des Tarifvertrags keine neuen Fachkräfte suchen muss. Während der Tarifverhandlungen hatte der Konzern immer wieder argumentiert, dass eine Arbeitszeitabsenkung zu Personalengpässen angesichts des Fachkräftemangels führen könnte. Insgesamt ergebe sich für kommende Dienstpläne ein Effekt von “plus minus null”, heißt es in einem internen Dokument, also “keine Kapazitätsverschlechterung”. Dies sei mit Blick auf die damaligen Forderungen der GDL und “einem worst-case Effekt” von bis zu 1.000 fehlenden Vollzeitstellen “sehr positiv zu bewerten”.

Bis 2029 Absenkung auf 35-Stunden-Woche möglich

Der GDL-Tarifvertrag gilt für rund 10.000 DB-Beschäftigte, also eine verhältnismäßig kleine Gruppe innerhalb des Bahn-Konzerns. Rund 8.000 von ihnen arbeiten im Schichtbetrieb. Die Zahlen der Auswertung sind vorläufig, zeigen aber eine Tendenz.

Der Tarifvertrag zwischen der Deutschen Bahn und der GDL sieht bis 2029 eine freiwillige Absenkung der Arbeitszeit in mehreren Stufen auf 35 Stunden vor. Bei den nächsten Stufen wird automatisch das Gehalt erhöht, wenn sich die Beschäftigten nicht aktiv melden und weniger Arbeitszeit einfordern.


dpa / dts Nachrichtenagentur / EVN – aktualisiert