Die ÖBB konnte trotz Jahrhunderthochwasser und Wirtschaftsabschwung im Geschäftsjahr 2024 ein stabiles Ergebnis erwirtschaften. Hauptverantwortlich dafür ist die anhaltende Nachfrage nach Bahn und Bus, wie die Bahngesellschaft mitteilte.
ÖBB informiert
511,3 Millionen Menschen sind im vergangenen Jahr mit den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) gefahren. Damit konnte der Rekord aus dem Jahr 2023 noch einmal übertroffen werden – um 17,7 Millionen Fahrgäste bzw. 3,6 Prozent mehr. Das Plus brachte diesmal der Nahverkehr mit einem Zuwachs von 9,8 Prozent. Die hohe Nachfrage sorgte unterm Strich für ein Ergebnis vor Steuern (EBT) von 113,6 Millionen Euro – ein Plus von 2 Millionen Euro gegenüber 2023 (Vj: 111,6 Millionen Euro).
„Noch nie sind so viele Menschen in Österreich mit der Bahn gefahren. Der Zuspruch und Zustrom freut mich enorm und lässt uns trotz der großen wirtschaftlichen Herausforderungen zuversichtlich in die Zukunft schauen“, so ÖBB CEO Andreas Matthä.
„Die Wirtschaftsflaute, die hohen Energiekosten und vor allem das Hochwasser haben uns viel abgerungen. Es ist uns trotzdem gelungen, ein positives, stabiles Konzernergebnis zu erzielen”, ergänzt ÖBB CFO Manuela Waldner.
Der Blick auf die Teilkonzern-Ebenen zeigt die aktuellen Herausforderungen deutlich:
Das Ergebnis des Teilkonzerns Personenverkehr wurde insbesondere durch das Jahrhunderthochwasser stark beeinträchtigt. Es sank auf 70 Millionen Euro. Der Güterverkehr ist aufgrund der schlechten Konjunkturlage und der Folgen des Hochwassers in Österreich und weiten Teilen Europas gar ins Minus gerutscht: Die Rail Cargo Group (RCG) schloss mit einem EBT von -24,5 Millionen Euro ab. Die ÖBB-Infrastruktur AG verzeichnete einen Anstieg der Betriebsleistung um 4,2 Prozent auf 172,8 Millionen Zugkilometer und saldierte mit 12,6 Millionen Euro EBT (Details siehe Tabelle).
Positiv entwickelte sich das Investitionsprogramm 2024 – bei großen und langjährigen Infrastrukturprojekten kamen die ÖBB sichtbar voran: die bauliche Fertigstellung der Koralmbahn, der finale Durchschlag für den Semmering Basistunnel und die Inbetriebnahme von neuen Kraftwerken, um die ÖBB energieunabhängiger zu machen. Der Eigenversorgungsanteil von Bahnstrom soll bis 2030 von 60 Prozent auf 80 Prozent erhöht werden. Auch am Großprojekt Brenner Basistunnel wurde intensiv gearbeitet. Darüber hinaus wurden Digitalisierungsprojekte, Elektrifizierungen und Bahnhofsmodernisierungen durchgeführt. Im Personenverkehr wurde in die sukzessive Modernisierung der Flotte investiert und 30 neue Fahrzeuge kamen alleine 2024 in die Flotte. Weitere 120 neue Züge sollen in den nächsten zwei Jahren folgen.
Besonders erfreulich ist der Umstand, dass sich die Zahl der Bahnreisenden deutlich dynamischer als das Wachstum der Bevölkerung entwickelt. In den vergangenen zehn Jahren ist sie um 27 Prozent gewachsen, die Bevölkerung im gleichen Zeitraum um 8 Prozent. „Die Investitionen zahlen sich aus, Bahn wirkt“, so der Bahnchef.
Personalwachstum: Rund 2.400 mehr Mitarbeitende
Das Fahrgastwachstum und der Expansionskurs der ÖBB erhöhen den Bedarf an Mitarbeiter:innen weiter. Der Personalstand (Köpfe) ist 2024 um 5,4 Prozent auf 47.484 gestiegen (Vj: 45.041), wobei mehr als 1.000 neue Mitarbeiter:innen auf die Übernahme der Arverio (vormals Go-Ahead) in Deutschland zurückzuführen sind. Der ÖBB Konzern zählt nach eigenen Angaben zu den größten und beliebtesten Arbeitgebern Österreichs. Über 120.000 Bewerbungen wurden 2024 gezählt, die in 6.200 Neuaufnahmen (exkl. Arverio) mündeten. Auch 2025 suchen die ÖBB mehr als 4.000 Mitarbeiter:innen, um den laufenden Generationenwechsel zu stemmen. Der ÖBB Konzern zählt auch zu den größten Ausbildungseinrichtungen Österreichs. Zum Jahresende 2024 waren 1.964 (Vj: 1.851) Lehrlinge in Ausbildung. Hinzu kommen weitere 155 (Vj: 191) Lehrlinge über die Allgemeine Privatstiftung für berufliche Bildung.
Ausblick: Vorbereitungen für Koralmbahneröffnung laufen auf Hochtouren
2025 bereiten sich die ÖBB intensiv auf einen enormen Wachstumssprung vor: Mit neuem Wagenmaterial, Mitarbeiter:innen und Investitionen. Die 130 km lange neue Koralmbahnstrecke ermöglicht im ÖBB Personenverkehr eine geplante Angebotsausweitung von rund 30 Prozent im Fern- und Interregio-Verkehr in ganz Österreich. Die Hauptstädte Graz – Klagenfurt werden erstmalig in nur 45 Minuten mit dem Zug verbunden sein. Auch ist die Koralmbahn ein wichtiges Teilstück der neuen Südstrecke und damit des Baltisch-Adriatischen Korridors, der die Ostsee mit der Adria verbindet und den Güterverkehr künftig stärken soll.
ÖBB CEO Andreas Matthä: „Wir bauen das Schienennetz weiter aus. Die Eröffnung der Koralmbahn wird einen urbanen Ballungsraum mit über 1,1 Millionen Menschen mit enormen wirtschaftlichen Chancen entstehen lassen. Im Dezember 2025 läuten wir eine neue Ära der österreichischen Mobilität im Süden ein.“
ÖBB Teilkonzern Personenverkehr
Insgesamt hat der Teilkonzern Personenverkehr (inkl. CAT, exkl. Arverio in Deutschland) ein All-time High bei den Fahrgästen von 511,3 Millionen erreicht (Vj: 493,6 Millionen). Im Nahverkehr haben die ÖBB 254,3 Millionen Fahrgäste auf der Schiene transportiert, ein Plus von 9,8 Prozent (Vj: 231,7 Millionen), im Fernverkehr waren es 46,0 Millionen Menschen, ein leichtes Minus aufgrund der Hochwasserkatastrophe von 1,1 Prozent (Vj: 46,5 Millionen). Die Fahrgastzahlen im Postbusverkehr sind aufgrund des starken Wettbewerbs um 2,1 Prozent auf 211,0 Mio gesunken (Vj: 215,4 Millionen).
Wurden die Erwartungen bei den Fahrgastzahlen in Summe übertroffen, gab es hingegen Einbußen bei der Pünktlichkeit: 2024 waren 93,6 Prozent der Züge im Personenverkehr pünktlich, eine Verschlechterung um 1,4 pp (Vj: 95,0 Prozent). 78,2 Prozent der Züge im Fernverkehr und 94,3 Prozent der Züge im Nahverkehr waren pünktlich unterwegs. Gründe für die Unpünktlichkeit im Fernverkehr sind zur Hälfte extern verursacht, wie Verspätungen aus dem Ausland oder Extremwetterereignisse: Allein das Jahrhunderthochwasser im September verschlechterte die Pünktlichkeitswerte im Fernverkehr um 1,1Prozent. Insgesamt gelten die ÖBB nach wie vor als eine der pünktlichsten Bahnen in Europa.
Der Teilkonzern Personenverkehr verzeichnete 2024 aufgrund der Angebotsausweitung und des Fahrgastwachstums einen Anstieg der Umsatzerlöse um 20,9 Prozent auf 3.790,6 Millionen Euro (Vj: 3.136,3 Millionen Euro), die Gesamterträge stiegen dadurch um 21,5 Prozent. Zugleich stieg aber auch der Gesamtaufwand um 23 Prozent auf 3.829,2 Millionen Euro (Vj: 3.118,4 Millionen Euro). Höhere Kosten (u.a. für Traktionsstrom, Fahrzeugmieten, Transportleistungen, Infrastrukturbenutzungsentgelte) in Verbindung mit Umsatzausfällen während der Hochwasserkatastrophe resultierten in einem EBT Rückgang von -39,0 Millionen Euro auf 70,0 Millionen Euro (Vj: 109,1 Millionen Euro).
ÖBB Rail Cargo Group
Der anhaltende Wirtschaftsabschwung in Europa und insbesondere in Österreich zeigte seine Wirkung besonders deutlich im Schienengüterverkehr: eine schwache Nachfrage, Konkurrenz mit der Straße und ein harter Preiswettbewerb prägten das internationale Umfeld. Trotz dieser Herausforderungen ist es der Rail Cargo Group (RCG) gelungen, die Transportvolumina mit eigenem Personal und Lokomotiven um 1,7 Prozent auf 79,9 Millionen beförderte Nettotonnen zu steigern und die Versorgungssicherheit der Industrie aufrecht zu erhalten. Auch der Umsatz stieg um 3,5 Prozent auf 1.973,7 Millionen Euro (Vj: 1.907,1 Millionen Euro). Die Mehrkosten durch längere Transportwege aufgrund der Hochwasserkatastrophe, aber auch durch anhaltend hohe Energiepreise und Aufwendungen für bezogene Leistungen (u.a. Transportleistungen, Infrastrukturbenützung, Mieten für Schienen- und Straßenfahrzeuge) konnten jedoch nicht vollständig kompensiert werden. Daher lag das Ergebnis 2024 mit -24,5 Millionen Euro im Minus (Vj: 13,0 Millionen Euro). Um für den zukünftigen Wettbewerb gerüstet zu sein, setzt die RCG unter anderem auf einen Internationalisierungskurs. 2024 akquirierte sie ein Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) in den Niederlanden und gründete eines in Serbien.
ÖBB Teilkonzern Infrastruktur
Die Zugkilometerleistung im Netz des Teilkonzerns Infrastruktur erhöhte sich um 4,2 Prozent von 165,9 auf 172,8 Millionen Rund ein Viertel dieser Steigerung entfällt auf die Integration der Infrastruktur der Graz-Köflacher-Bahn in die ÖBB Infrastruktur. Damit waren noch nie so viele Züge auf den Gleisen der ÖBB unterwegs. Insgesamt sind 72 EVUs auf Österreichs Schienen unterwegs. Für die Benutzung der Schieneninfrastruktur werden den EVUs Infrastrukturbenutzungsentgelte (IBE) verrechnet. Zu den Ertragsquellen kommen die Zulieferung von Bahnstrom und Mieterlöse für die Vermietung und die Verpachtung von Immobilien hinzu.
Die Umsatzerlöse des Teilkonzerns Infrastruktur sind 2024 um -1,4 Prozent auf 1.231,6 Millionen Euro (Vj: 1.249,5 Millionen Euro) gesunken und die Gesamterträge um 11,3 Prozent auf 4.219,1 Millionen Euro (Vj: 3.791,6 Millionen Euro) gestiegen. Die Gesamtaufwendungen liegen mit 3.707,5 Euro (Vj: 3.358,3 Millionen Euro) um 10,4 Prozent über dem Vorjahr.
G&V und Bilanz des Konzerns
Mit Gesamterträgen von 8.997,0 Millionen Euro (Vj: 7.806,3 Millionen Euro) konnte der ÖBB Konzern gegenüber dem Vorjahr einen deutlichen Anstieg von 15,3 Prozent verzeichnen. Die Gesamtaufwendungen sind 2024 um 14,7 Prozent auf 8.289,2 Millionen Euro (Vj: 7.224,6 Millionen Euro) gestiegen, wobei die Aufwendungen für bezogene Leistungen im Vergleich zum Vorjahr mit 1.940,2 Millionen Euro (Vj: 1.505,2 Millionen Euro) um 28,9 Prozent überdurchschnittlich gewachsen sind. Darin enthalten sind vorwiegend Entgeltzahlungen für Fahrzeugmieten, Transportleistungen oder Infrastrukturbenützung an Drittbahnen. Die Materialaufwendungen haben sich um 13,8 Prozent auf 686,5 Millionen Euro (Vj: 603,2 Millionen Euro) gesteigert. Dieser Posten enthält unter anderem Aufwendungen für extern bezogenen Traktionsstrom sowie Aufwendungen für flüssige Treibstoffe. Die Personalkosten sind aufgrund des Personalwachstums (einschließlich Arverio) und der Valorisierung um 10,6 Prozent auf 3.553,9 Millionen Euro (Vj: 3.213,7 Millionen Euro) gestiegen. Die Abschreibungsaufwendungen sind um 10,1 Prozent auf 1.521,4 Millionen Euro gestiegen (Vj: 1.382,4 Millionen Euro).
Das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (EBIT) des ÖBB Konzerns ist im Berichtsjahr um 21,7 Prozent auf 707,8 Millionen Euro (Vj: 581,7 Millionen Euro) gestiegen. Das Finanzergebnis beträgt -594,2 Millionen Euro (Vj: -470,1 Millionen Euro). Damit haben die ÖBB ein Ergebnis vor Steuern (EBT) von 113,6 Millionen Euro (Vj: 111,6 Millionen Euro) erwirtschaftet, um 2 Millionen oder 1,8Prozent mehr als im Jahr 2023.
Bilanzsumme wächst weiter
Vorwiegend bedingt durch die Investitionen in das Sachanlagevermögen hat sich im Jahr 2024 die Bilanzsumme des ÖBB Konzerns um 8,1 Prozent auf rund 44,2 Mrd. Euro (Vj: rund 40,9 Mrd. Euro) erhöht. Der Anteil des Sachanlagevermögens am Gesamtvermögen (Sachanlagenintensität) steigt um 0,6 Prozent auf 89,8Prozent zum Bilanzstichtag (Vj: 89,2Prozent). Finanziert sind diese Vermögenswerte vorwiegend durch die Aufnahme von Fremdkapital in Form von Darlehen und Anleihenemissionen.
Per 31.12.2024 weist der ÖBB Konzern eine Eigenkapitalquote von 7,7 Prozent (Vj: 7,9 Prozent) aus. Auf der Passivseite ist der Anstieg der Bilanzsumme vorwiegend auf die gestiegenen Finanzverbindlichkeiten zurückzuführen.

EVN (redaktionell bearbeitet / Quelle: ÖBB)