Bei der Eurobahn war seit einigen Jahren der Wurm drin: Die Verträge wurden zum Verlustgeschäft und es fuhren weniger Züge als vereinbart. Doch zu der befürchteten Vollbremsung kommt es nicht.
Das finanziell angeschlagene Regionalbahn-Unternehmen Eurobahn bekommt sehr wahrscheinlich einen neuen Eigentümer. Der Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) teilte in Unna mit, dass seine Verbandsversammlung eine zeitlich begrenzte Übernahme durch den NWL beschlossen habe. Der Kaufpreis liegt Medienberichten zufolge bei dem symbolischen Betrag von einem Euro.
In den kommenden Monaten soll der Eigentümerwechsel vollzogen werden. “Wir geben der Eurobahn und ihren Mitarbeitenden jetzt eine Perspektive und sorgen für unsere Fahrgäste in Westfalen-Lippe für verlässliche Bahn-Verkehre”, sagt NWL-Geschäftsführer Joachim Künzel.
Die Eurobahn ist für Westfalen-Lippe besonders wichtig, mit zwölf Millionen Zugkilometern pro Jahr hat sie den Angaben zufolge einen Marktanteil von 30 Prozent im Regional- und Nahverkehr (SPNV). Das Unternehmen mit rund 900 Beschäftigten war tief in die roten Zahlen gerutscht. Der vorherige Eigentümer der Eurobahn, das französische Unternehmen Keolis, hatte sich schon 2021 zurückgezogen. Danach gelang es nicht, einen Käufer zu finden.
Verband springt notgedrungen ein
Die Verkehrsverträge für die unterschiedlichen Linien laufen noch maximal bis 2032, für die Eurobahn wurden sie zu einem Verlustgeschäft. Personalmangel und hohe Energiekosten setzen dem Unternehmen zu. Ein Kollaps der Firma hätte erhebliche Folgen für den Regionalverkehr haben können.
Für Pendler und Reisende war der Zustand des Unternehmens ohnehin schon spürbar, schließlich schickte die Eurobahn weniger Züge los als sie vertraglich zugesichert hatte. Dadurch bekam sie weniger Geld in die Kassen und sah sich zudem mit Strafzahlungen konfrontiert – das schwächte die ohnehin schon fragile wirtschaftliche Situation. Nun springt der Nahverkehrsverband notgedrungen ein, um das Bahnangebot zu sichern.
Die Verkehrsverträge, die für die Eurobahn derzeit noch defizitär sind, sollen geändert werden, damit sich der Betrieb wirtschaftlich wieder lohnt. Für den Zeitraum ab 2027 wird ein Weiterverkauf der Eurobahn an einen Investor angepeilt.
Wichtige Pendlerzüge im Ruhrgebiet und anderen Landesteilen
Das Liniennetz der Eurobahn ist hauptsächlich in Nordrhein-Westfalen, es reicht bis nach Niedersachsen und bis in die Niederlande. So geht beispielsweise der Regionalexpress 13 von Hamm über Düsseldorf nach Venlo, der RE 3 von Düsseldorf über Oberhausen bis nach Hamm und die Regionalbahn 67 von Lemgo bis nach Münster. Auch in Osnabrück und Nienburg an der Weser halten Eurobahn-Züge.
Der Vorsitzende der NWL-Verbandsversammlung ist der CDU-Landtagsabgeordnete Matthias Goeken. Er nennt die Interimsübernahme der Eurobahn “die bestmögliche Handlungsoption, um die finanziellen Risiken für alle Beteiligten zu minimieren”. Man schaffe damit die Voraussetzung für ein stabiles Angebot. “Wir brauchen wieder Zuverlässigkeit, um das Vertrauen der Menschen in den SPNV zu stärken”, so Goeken.
Für die Übernahme fehlt noch die Genehmigung durch die Bezirksregierung Arnsberg, danach folgen weitere Schritte für die Gesellschaftsverträge. Anfang April könnte die Eurobahn zu einer hundertprozentigen Tochter des NWL werden. Das operative Geschäft werde weiterhin von der Eurobahn durchgeführt, heißt es von dem Verkehrsverband.
Der Fahrgastverband Pro Bahn nahm die Entwicklung erleichtert auf. “Es ist gut, dass der NWL sich engagiert und die Eurobahn absichert”, sagte der Pro-Bahn-Bundesvorsitzende Detlef Neuß der dpa. Die Fahrgäste hätten nun eine gute Perspektive. “Der Fahrbetrieb wird vermutlich nicht reduziert werden müssen und das Schreckgespenst, dass ganze Linien eingestellt werden müssen, verflüchtigt sich.”
EVN / dpa / dts Nachrichtenagentur