Wenn es um die Deutsche Bahn geht, spart GDL-Chef Claus Weselsky nicht mit wortgewaltiger Kritik. So jetzt auch in einem Interview mit einer Schweizer Zeitung.
Wäre er Verkehrsminister, würde Claus Weselsky „als Erstes den 3500 Führungskräften der Deutschen Bahn die Dienstwagen wegnehmen“, sagte der Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) gegenüber Blick. Kein Unternehmen auf der Welt meide das eigene Produkt so konsequent wie die Führungskräfte der Deutschen Bahn.
Als „peinlich“ bezeichnete Weselsky den Zustand, dass Bundeskanzler Olaf Scholz und seine Regierung unfähig seien, dem Bahnmanagement die Grenzen aufzuzeigen.
Der Bund nehme seit Jahren „seine Verantwortung nicht wahr“, so der GDL-Chef. Das Management mache, was es wolle. „Die Boni-Regelung wird nicht mehr nach der Pünktlichkeit gemessen, sondern nach der Frauenquote. Die Bahn schreibt rote Zahlen, die Managerlöhne steigen trotzdem“, führte Weselsky aus.
Angesprochen auf den Scherz von Scholz gegenüber der Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd im Mai, ob die Schweiz nicht die Deutsche Bahn übernehmen wolle, erklärte der Gewerkschafter: „Wenn die Schweiz die Machtinstrumente bekäme, um das wild gewordene Management der Deutschen Bahn rauszuwerfen oder zu bändigen, wäre das ein kluger Ansatz.“
Im Gespräch mit der Zeitung lobte der Gewerkschaftschef die Qualität der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB). Weselsky: „Immer, wenn ich SBB fahre, fällt mir auf, wie entspannt, freundlich und höflich das Personal ist. Und wie pünktlich die Züge fahren!“ In Deutschland hingegen, gebe zwar das Zugpersonal „sein Bestes, aber Pünktlichkeit ist leider die Ausnahme geworden“.
Der GDL-Chef könne auch nachvollziehen, wenn Eisenbahner von Deutschland in die Schweiz wechseln. Das Abwerben von den SBB sei auch nicht unkollegial. „Wir leben in einem freien Europa“. Er könne jeden Lokführer verstehen, „der sagt: Ich will bessere Arbeitsbedingungen haben“, so Weselsky.
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dpa