Das Berliner S-Bahn-System ist fast einmalig in Deutschland. Nur Hamburg macht es mit Gleichstrom und Stromschiene genauso. In dieser Woche beginnen die Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag.
Am 8. August 1924 fuhr in Berlin erstmals eine elektrisch betriebene Bahn – und zwar auf der Strecke zwischen dem heutigen Nordbahnhof und Bernau. S-Bahn-Versuche hatte es auch schon vorher in Berlin gegeben, ab 1903 sogar einen elektrischen Regelbetrieb auf der Strecke zwischen Groß Lichterfelde Ost und dem Potsdamer Vorortbahnhof. Doch der Start auf dem Abschnitt nach Bernau mit einer Stromschiene und dem Gleichstrombetrieb gilt als Geburtsstunde der heutigen Hauptstadt-S-Bahn. Am Donnerstag beginnen deshalb die Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen.
Die Geburtstagsparty soll vier Tage lang dauern – mit Sonderfahrten in historischen Zügen, mehreren Ausstellungen und einem kulturellen Rahmenprogramm. Es gibt zahlreiche Programmpunkte an verschiedenen Stationen und quer über die Hauptstadt verteilt.
Täglich 1,5 Millionen Fahrgäste
Gemeinsam mit den Angeboten der Berliner Verkehrsbetriebe bildet die Berliner S-Bahn das Nahverkehrsrückgrat der Hauptstadt. Die Bahn fährt an jedem Werktag im Schnitt 1,5 Millionen Menschen durch Berlin und nach Brandenburg. 16 Linien fahren über das rund 340 Kilometer lange S-Bahnnetz, davon liegen 257 Kilometer in Berlin und 83 Kilometer in Brandenburg. Die Bahnen legten zuletzt pro Jahr insgesamt mehr als 32,5 Millionen Kilometer zurück. Ein- und Ausstieg ist an 168 S-Bahnhöfen möglich, davon sind 132 in Berlin.
Die S-Bahn der Hauptstadt gehört zu den pünktlichsten in Deutschland, hat in den vergangenen Jahren aber leicht an Zuverlässigkeit eingebüßt. 2023 wurden 96,6 Prozent der Halte rechtzeitig erreicht, wie das Bundesverkehrsministerium im Februar auf Anfrage eines Bundestagsabgeordneten mitteilte. Das war der schlechteste Wert seit 2019. Der Abstand zum in diesem Zeitraum besten Jahr 2020 (98,5 Prozent) ist aber nicht groß. Als pünktlich ging ein Zug in diese Statistik ein, wenn er mit maximal 5:59 Minuten Verspätung einen Halt erreicht hatte.
Die S-Bahn-Krise
Allerdings haben die S-Bahn und ihre Fahrgäste schon schwierigere Zeiten gesehen. Ende der 2000er Jahre stand die Bahntochter in ihrer bis dahin größten Krise sogar zeitweise vor dem Zusammenbruch. Denn als das Eisenbahn-Bundesamt im Sommer 2009 entdeckte, dass Wartungszusagen nicht eingehalten worden waren, legte die Behörde einen großen Teil der S-Bahn-Flotte zwangsweise still. Über Monate mussten Fahrgäste weitreichende Einschränkungen im S-Bahnverkehr hinnehmen.
Die Krise ist inzwischen überwunden. Das Unternehmen arbeitet derzeit vor allem an der Verjüngung der Flotte. Bis Ende kommenden Jahres soll die Sanierung der Baureihe 481 abgeschlossen sein, sie ist mit 500 Viertelzügen das Herzstück des Fuhrparks. Seit Mitte der 90er Jahre sind die Züge im Einsatz und sollen nach der Modernisierung noch bis Mitte der 30er Jahre fahren.
Ergänzt wird die Flotte durch rund 65 Züge der deutlich älteren Baureihe 480. Sie fahren bereits seit Ende der 80er Jahre. Kürzlich wurden auch sie digital aufgerüstet, damit sie noch bis Ende der 2020er Jahre ihren Dienst verrichten können. Dann braucht es neue Züge.
Neue Züge auf der Ringbahn
Schon jetzt fahren neue Züge vor allem auf der Ringbahn. Der letzte Zug der Baureihe 483/484 wurde im vergangenen September in Betrieb genommen. Die Fahrzeuge sind mit moderneren Anzeigedisplays ausgestattet sowie mit einer neuen Kameratechnik.
Der offizielle Festakt zum S-Bahn-Geburtstag wird am Donnerstag in Bernau stattfinden. Berlins Finanzsenator Stefan Evers, Brandenburgs Verkehrsminister Rainer Genilke (beide CDU) und S-Bahn-Chef Peter Buchner fahren zuvor mit einer historischen S-Bahn vom Nordbahnhof nach Bernau.
LESEN SIE AUCH
dpa