BRÜSSEL | Wie umgehen mit wirtschaftlichen Herausforderungen und Krisen? Ein auf EU-Ebene in Auftrag gegebener Bericht zeigt nun Mängel des EU-Binnenmarktes auf, schlägt aber auch Antworten vor.
Ein von den EU-Staats- und Regierungschefs angestoßener Bericht zum europäischen Binnenmarkt sieht unter anderem eklatante Lücken in Europas Bahnverbindungen. In dem am Mittwoch veröffentlichten Bericht heißt es etwa, das “eklatanteste Paradoxon” der EU-Infrastruktur sei, dass es unmöglich sei, mit Hochgeschwindigkeitszügen zwischen europäischen Hauptstädten zu reisen. Der ehemalige italienische Regierungschef und Autor des Berichts, Enrico Letta, präzisierte am Mittwoch, die einzige Ausnahme sei die Achse Brüssel, Paris, Amsterdam.
“Ich wollte das nur hervorheben, weil ich es völlig absurd fand, dass ich zwischen den europäischen Hauptstädten mit dem Flugzeug reisen musste”, so Letta. Er sieht darin ein Beispiel dafür, dass der europäische Binnenmarkt besser funktionieren könnte. Der Bericht soll am Donnerstag bei einem EU-Gipfel in Brüssel von den Staats- und Regierungschefs diskutiert werden.
Darüber hinaus plädiert Letta in dem Bericht dafür, dass es strengere Regeln für staatliche Beihilfen auf nationaler Ebene, aber mehr Staatsgelder für Unternehmen auf EU-Ebene geben sollte. “Konkret könnten wir uns einen Beitragsmechanismus für staatliche Beihilfen vorstellen, der die Mitgliedstaaten verpflichtet, einen Teil ihrer nationalen Mittel für die Finanzierung europaweiter Initiativen und Investitionen bereitzustellen”, heißt es.
Grundsätzlich sieht der Bericht die Wirtschaft in der EU in Schwierigkeiten. So stellt er fest: “Während das Pro-Kopf-BIP in den USA zwischen 1993 und 2022 um fast 60 Prozent gestiegen ist, betrug der Anstieg in Europa weniger als 30 Prozent.” Es brauche Schnelligkeit, Größe und vor allem ausreichende finanzielle Mittel, um Herausforderungen wie geopolitischen Spannungen, einer alternden Bevölkerung und Konkurrenz etwa aus China und den USA zu begegnen. “EU-Unternehmen hinken derzeit hinter ihren weltweiten Konkurrenten hinterher, insbesondere hinter denen in den USA und China”, steht in dem Bericht.
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) warnt derweil vor zu hohen Ambitionen. “Wenn dem Markt stattdessen immer mehr politische oder gar geopolitische Ziele auferlegt werden sollen, bleibt von ihm und seiner positiven wirtschaftlichen Wirkung nicht mehr viel übrig”, so DIHK-Chefjustiziar Stephan Wernicke.
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dpa