Scharfe Kritik an Streichung von englischer Schnellzugstrecke


LONDON | Sie galt als eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte in England: Die Schnellzugstrecke High Speed 2 sollte London mit dem wirtschaftlich schwachen Norden verbinden. Doch daraus wird nichts.

Die britische Wirtschaft hat die Ankündigung von Premierminister Rishi Sunak kritisiert, die seit Jahren im Bau befindliche Schnellzugstrecke High Speed 2 (HS2) in die nordenglische Stadt Manchester zu streichen. “Wenn Unternehmensvorstände weltweit Investitionsmöglichkeiten abwägen, galt Großbritannien wegen unseres Rufs für Zuverlässigkeit immer als sicherer Hafen”, sagte die Chefin des Industrieverbands CBI, Rain Newton-Smith. “Doch die Entscheidung, den Rest des HS2-Projekts fallenzulassen, sendet ein schädliches Signal für den Status Großbritanniens als globales Investitionsziel.”

Sunak hatte am Mittwoch auf dem Jahrestreffen seiner Konservativen Partei in Manchester angekündigt, das Vorhaben zu stoppen und stattdessen Dutzende Milliarden Pfund in zahlreiche regionale Verkehrsprojekte zu stecken, das Netzwerk Nord (Network North). Er argumentierte, Kosten und Zeitplan für HS2 seien explodiert. Daher wolle er echte Verkehrserleichterungen für die Menschen in Nordengland schaffen.


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Die Schnellstrecke sollte eigentlich London über die Millionenstadt Birmingham in den Midlands mit dem wirtschaftlich abgehängten Norden Englands verbinden. Nachdem bereits Ende 2021 der geplante Abschnitt von Birmingham nach Leeds weitgehend gestrichen worden war, wird HS2 nun fast vollständig auf die ohnehin bereits gut ausgebaute Verbindung von London nach Birmingham reduziert.

“Die Zusage, in ein neues Netzwerk-Nord-Programm für Verkehrsprojekte zu investieren, verspricht dringend benötigte Investitionen für die Region”, sagte Newton-Smith. “Aber ein völlig neuer Ansatz birgt die Gefahr, dass Unternehmen in einer Warteschleife mit schlechten Anbindungen und geringer Produktivität verharren, während die neuen Projekte geplant, vorbereitet und schließlich umgesetzt werden.”

Der Chef der Lokführergewerkschaft Aslef, Mick Whelan, warf Sunak vor, dem Norden den Rücken zuzukehren. “Er verkauft Großbritannien wieder einmal unter Wert”, sagte Whelan. “Das sind schlechte Nachrichten nicht nur für die Bahn und die Wirtschaft, sondern auch für Großbritannien.” Der Generalsekretär des Gewerkschaftsbundes TUC, Paul Nowak, sagte, Sunak habe “weder einen Plan noch eine Vision”, um das Land voranzubringen. “Wir brauchen dringend politischen Wandel. Das Land kann sich die Tories nicht einen Tag länger leisten”, sagte Nowak. Die britischen Gewerkschaften sind traditionell eng mit der Labour-Partei verwoben.


dpa