Bahnbrücke wird über die Oder geschoben – Schub für die Ostbahn?


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BERLIN / KÜSTRIN | In einer spektakulären Aktion wird eine Brücke über die Oder geschoben – ein weiterer Schritt, um mehr Verkehr auf die Schiene Richtung Polen zu bringen. Doch die weitere Entwicklung der Bahnstrecke stockt noch.

Das derzeit größte Brückenprojekt der Deutschen Bahn in Brandenburg steht kurz vor dem Abschluss. An diesem Montag begann der Ausschub einer neuen 130 Meter langen Stahlkonstruktion in Küstrin-Kietz (Märkisch-Oderland) über die Oder. Für das Einschieben mit Pontons sind insgesamt zwei Tage vorgesehen.

Die Brücke soll im Dezember dieses Jahres als Grenzverbindung in Betrieb gehen. Die Bauarbeiten für die neue zweigleisige Brücke hatten 2021 begonnen. Die Deutsche Bahn investierte rund 50 Millionen Euro Bundesmittel in Planung und Bau.

Das Netzwerk aus sich kreuzenden Zugstäben im großen Brückenbogen besteht nach DB-Angaben aus kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen (Carbon) – weltweit sei das ein Novum bei einer Bahnbrücke dieses Ausmaßes, so das Unternehmen.

Einst verband die Eisenbahnüberführung Berlin mit Königsberg (heute: Kaliningrad/Russland) als Teil der sogenannten Ostbahn. Im Ersten Weltkrieg wurde die 1867 gebaute Brücke stark beschädigt, 1920 aus Teilen anderer zerstörter Brücken wiederhergerichtet. Auch im Zweiten Weltkrieg war das Bauwerk stark umkämpft. Bei Küstrin-Kietz quert sie auch den Hauptstrom des Flusses.

In der Planung wurde eine mögliche nachträgliche Elektrifizierung berücksichtigt. Züge können das Bauwerk künftig mit Geschwindigkeiten bis zu 120 Kilometern pro Stunde statt bisher 30 km/h passieren. Dadurch werden nach Bahnangaben die Streckenkapazität gesteigert und die Fahrzeiten verkürzt. Damit berücksichtigte die Brücke bereits den Zielzustand der Ostbahn, erklärte Brandenburgs Verkehrsminister Guido Beermann (CDU). “Diese Brücke ist das zentrale Bauwerk in Richtung Polen.” Mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen, gehe nur durch Ausbau und mehr Strecken.


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Alexander Kaczmarek, Konzernbevollmächtigter der DB für Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, sieht die Oderbrücke als wichtigen Meilenstein für den Bahnverkehr in Richtung Polen. “Von jedem Ausbauschritt auf dieser Strecke profitieren Bahnkunden und Wirtschaft auf beiden Seiten der Grenze.”

Die Interessengemeinschaft Ostbahn (IGOB) dringt trotz einer Absage durch den Bund auf den zweigleisigen Ausbau und die Elektrifizierung der Strecke RB 26 Richtung Polen. Das Bündnis aus Vereinen, Verbänden, Fahrgastinitiativen und anliegenden Kommunen sieht die Verbindung Berlin-Küstrin-Kietz als eine der stärksten Linien im deutsch-polnischen Verkehr.

Der Bund sieht die Verbindung als “Nahverkehrsstrecke”, die nach derzeitigem Kenntnisstand den Verkehrsbedarfen gerecht werde. Für die Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan fehle derzeit die Nachfrage, so Kernaussagen der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linken.

Für Instandhaltung und Neubau der grenzübergreifenden Oderbrücken bei Frankfurt, Küstrin und Neurüdnitz ist die Bundesrepublik Deutschland verantwortlich. Dies ist in einem deutsch-polnischen Staatsvertrag von 2008 geregelt.


dpa