Steigende Nutzung von Bus und Bahn in Mitteldeutschland – Zuwachs von bis zu 25 Prozent


MAGDEBURG / DRESDEN / ERFURT | Drei Monate nach Einführung des Deutschlandtickets ziehen die Verkehrsverbünde in Mitteldeutschland ein positives Fazit. Teilweise stiegen die Fahrgastzahlen um 10 bis 25 Prozent.

Wegen des Deutschlandtickets nutzen mehr Fahrgäste Busse und Bahnen. Auf vielen Strecken ließe sich ein deutlicher Zuwachs bei den Fahrgästen feststellen, teilte der Mitteldeutsche Verkehrsverbund (MDV) auf Anfrage mit. Im gesamten Netz, das sich vor allem um die Städte Leipzig und Halle verteilt, sei es ein Anstieg von rund zehn Prozent. Einige Bahnunternehmen berichteten sogar von einem Zuwachs von 20 bis 25 Prozent. „Wir sehen uns daher bestätigt in unserer Forderung an die politischen Entscheider bei Bund und Länder, nicht nur ein Deutschlandticket weiter zu finanzieren, sondern vor allem auch das Angebot zu ertüchtigen“, sagte eine Sprecherin.

Die Magdeburger Verkehrsbetriebe (MVB) teilten mit, derzeit rund 15 Prozent mehr Fahrgäste zu haben als im gleichen Zeitraum Mai bis Juli 2019, also vor der Corona-Pandemie. Trotz der aktuell noch laufenden Sommerferien seien die Fahrgastzahlen hoch, sagte ein Sprecher des Unternehmens. Während früher deutlich weniger Menschen Bus und Bahn während des Sommers nutzten, gebe es diesen Effekt in diesem Jahr nicht. Im vergangenen Jahr, bei der Einführung des sogenannten 9-Euro-Tickets, seien es jedoch noch mehr Fahrgäste gewesen.

Der Magdeburger Regionalverkehrsverbund (Marego) teilte mit, viele Pendler, die ohnehin mit Bus und Bahn unterwegs seien, hätten ihr bisheriges Monatsabo auf das Deutschlandticket umgestellt. Knapp jeder Zweite habe dies getan. Geografisch interessant sei, dass die höchste Verkaufsdichte für das Deutschlandticket vor allem bei Anwohnern aus der Magdeburger Innenstadt zu sehen sei. Je weiter entfernt die Menschen vom Zentrum wohnten, desto geringer sei die Verkaufsdichte gewesen. Von rund 15.000 verkauften Tickets über den Marego-Verbund seien 10.000 in der Landeshauptstadt verkauft worden. Die restlichen 5000 verteilten sich auf die Landkreise Börde, Salzlandkreis und Jerichower Land.

Auch in Halle ist die Havag mit dem Deutschlandticket zufrieden. Es entwickele sich positiver als ursprünglich angenommen, sagte eine Sprecherin. Zwar lägen keine konkreten Fahrgastzahlen vor, aber allein von Mai, dem Monat der Einführung des Tickets, bis August habe es einen Anstieg um rund 52 Prozent bei den Deutschlandtickets gegeben. Derzeit nutzten es 34.500 Kunden.


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Nach Einschätzung der fünf Verkehrsverbünde in Sachsen hat sich das Deutschlandticket auch dort bewährt. Auf einigen Bahnstrecken konnten deutliche Zuwächse verzeichnet werden, wie der Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) auf Anfrage mitteilte. Im Vergleich zum Vor-Pandemie-Jahr 2019 habe es im Mai auf der Bahnstrecke zwischen Dresden und Leipzig einen Zuwachs von mehr als 39 Prozent gegeben. Auch die Dresdner S-Bahn erzielte im Mai einen Zuwachs von mehr als 23 Prozent.

Dem Verkehrsverbund Oberlausitz-Niederschlesien (ZVON) zufolge ist besonders in den Zügen der Länderbahnen und der Ostdeutschen Eisenbahn (ODEG) ein Anstieg der Fahrgastzahlen spürbar. Der Verkehrsverbund schätze diesen auf etwa 20 Prozent, wobei der Anteil im ländlichen Raum, wo nur wenige Busse fahren, geringer sei als im Bahnverkehr oder in den größeren Städten.

Auch der Verkehrsverbund Vogtland (VVV) sieht die Nachfrage seitens der Fahrgäste durchaus positiv. Sie wachse seit Einführung des Deutschlandtickets kontinuierlich. So wurden allein über den VVV monatlich rund 2000 digitale Deutschlandtickets vertrieben.

Etwas konkretere Zahlen nannte der Verkehrsverbund Mittelsachsen (VMS). Auch hier sei eine stetige Zunahme des Fahrgastaufkommens zu verzeichnen. Während zum Stichtag 30. Mai der VMS noch 14 174 Deutschlandtickets verkauft hatte, waren es Ende Juli bereits 18 074. Ende August rechne der Verbund mit rund 18 700 Tickets. Demnach wurden die Zahlen der Deutschen Bahn und der Mitteldeutschen Regiobahn (MRB) hierbei nicht mitgezählt. Insgesamt habe der VMS 2260 Neukunden aufgrund des Deutschlandtickets gewonnen.

Der Verkehrsverbund Mittelthüringen (VMT) verzeichnet dankt dem Aboticket ebenfalls steigende Zahlen. Vor Einführung des Deutschlandtickets hätten die angeschlossenen Verkehrsunternehmen 60.000 Abos und Schülertickets gezählt, sagte VMT-Geschäftsführer Christoph Heuing. Mit dem Ticket sei diese Zahl auf 70.000 angestiegen. Die Daten stammen von Juni – es sei aber davon auszugehen, dass sie seither weitestgehend stabil sind. Vor allem im Vorverkauf im April sowie im Mai und frühen Juni habe es die meisten Verkäufe gegeben.

Im VMT sind 15 Verkehrsunternehmen in Mittel-, Ost- und Südthüringen zusammengeschlossen. Rund 45.000 Menschen seien aus alten Aboverträgen umgestiegen, sagte Heuing. 10.000 seien aus Schüler-Monatskarten gewechselt. Dazu kämen 5000 Studierende, die ihr Semesterticket gegen Aufpreis zum Deutschlandticket aufwerteten. Noch lasse sich nicht klar erkennen, ob durch die 10.000 Neuabonnenten der Absatz mit Einzeltickets oder Tageskarten merklich zurückgehe.


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Die Auslastung der Busse und Bahnen im Tarifgebiet habe aber deutlich zugelegt. „Das ist nicht ganz so heftig, wie beim 9-Euro-Ticket. Aber qualitativ sind das die gleichen Effekte.“ Im Ausflugsverkehr und im Eisenbahn-Regionalverkehr sei es deutlich voller geworden. „So deutlich, dass Leute teils auch nicht mehr in die Züge kommen.“ Züge zwischen Erfurt und Jena seien schon vor Einführung des Tickets stark frequentiert gewesen – das habe sich nochmal verschärft. Auch in den Städten seien die Bahnen zu Hauptverkehrszeiten komplett voll.

Das Deutschlandticket für 49 Euro im Monat kann seit 1. Mai verwendet werden – als digital buchbares, monatlich kündbares Abonnement, das im Nahverkehr in ganz Deutschland gilt. Auch bei der Deutschen Bahn führt das zu volleren Zügen: In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen seien 20 bis 25 Prozent mehr Fahrgäste verzeichnet worden, hieß es.

In ländlichen Regionen hingegen seien die Busse nach wie vor nicht komplett ausgelastet. Hier sei das Angebot einfach so gering, dass es kaum Umstiegseffekte durch das Deutschlandticket gegeben habe.


EVN / dpa