HAMBURG | Wegen hoher Kriminalitätszahlen ist der Hamburger Hauptbahnhof seit langem in den Schlagzeilen. Um die Sicherheit zu erhöhen, will die Innenbehörde nun auch ein Alkoholkonsumverbot durchsetzen. Doch an dem Vorhaben gibt es auch Kritik.
Nach dem Waffenverbot am Hamburger Hauptbahnhof plant die Hamburger Innenbehörde nun auch ein Alkoholkonsumverbot auf dem angrenzenden Hachmannplatz und Heidi-Kabel-Platz. Eine entsprechende Gesetzesänderung sei derzeit in Arbeit, teilte die Hamburger Innenbehörde am Donnerstag mit. Ziel ist es demnach, den Hauptbahnhof sicherer zu machen – die politischen Reaktionen darauf fallen jedoch gemischt aus.
In Kraft treten soll die Regelung voraussichtlich im Frühjahr nächsten Jahres. Damit ist es dort zukünftig untersagt, auf den öffentlichen Flächen Alkohol zu trinken oder in geöffneten Behältnissen mit sich zu führen. Verstöße werden als Ordnungswidrigkeit verfolgt und mit einem Bußgeld belegt, hieß es. Das Mitführen von fest verschlossenen Behältnissen bleibe weiterhin zulässig.
Hintergrund der Maßnahme ist nach Angaben der Behörde eine Vielzahl an Straftaten unter Alkoholeinfluss. Rund jede vierte Gewaltstraftat am Hamburger Hauptbahnhof geschehe demnach unter Alkoholeinfluss. Mit der Regelung sollen die Handlungsmöglichkeiten für die Sicherheitskräfte auf öffentlichen Flächen des Bahnhofsumfelds noch einmal deutlich erweitert werden, um auf Störungen der Sicherheit und Ordnung schnell und niedrigschwellig reagieren zu können. Bereits heute gelte ein weitgehendes Alkoholverbot in Zügen des Nahverkehrs und an Haltestellen in Hamburg.
“Wir wollen die Situation am Hauptbahnhof spürbar verbessern und der Polizei dafür auch alle erforderlichen rechtlichen Instrumente in die Hand geben, um hier niedrigschwellig einschreiten zu können”, sagte Innensenator Andy Grote (SPD). Die Polizei habe festgestellt, dass intensiver Alkoholkonsum in diesem Bereich immer wieder zu aggressivem Verhalten, Ordnungsverstößen und auch Straftaten führt, und bei vielen Menschen ein Unsicherheitsgefühl auslöst.
Die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen signalisierten Unterstützung für die Maßnahme: “Neben einer langfristigen Verbesserung der Infrastruktur und einer Ausweitung der sozialen Unterstützung vor Ort braucht es zur Verbesserung der Lage auch ordnungspolitische Maßnahmen”, erklärte Sina Imhof, innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. Ihrer Fraktion sei es jedoch wichtig, “dass es zu keinem Verkaufsverbot von Alkohol im Hauptbahnhof kommt und verschlossene Getränke weiter mitgeführt werden können.” Ähnlich wie der innenpolitische Sprecher der SPD, Sören Schumacher, sprach sich Imhof zudem für eine fortwährende Evaluierung der Wirkung dieser Maßnahmen aus.
Kritischere Worte kamen dagegen aus der Opposition: Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Dennis Thering, warf dem Senat vor, dass die “unhaltbaren Zustände am Hauptbahnhof” erst entstanden seien, “da SPD und Grüne die Situation am Hauptbahnhof und in dessen Umfeld jahrelang ignoriert haben”. Es sei gut, “dass unser Druck jetzt dafür sorgt, dass der Innensenator endlich handelt.” Die Regeln müssten jedoch auch kontrolliert werden “und dafür braucht Hamburg mehr Polizisten und kein Verschieben von einem Polizeikommissariat zum anderen!”, so Thering.
Die AfD-Fraktion bezeichnete die geplante Maßnahme als “reine Symptombekämpfung”. Ihr Chef und innenpolitischer Sprecher Dirk Nockemann erklärte: “Grotes Versuch die grassierende Kriminalität mittels Alkoholverboten zu bekämpfen, ist pure Verzweiflung.” Es brauche ein hartes Vorgehen gegen die Dealer- und Drogenszene und vor allem die zunehmende Ausländerkriminalität müsse zur Sprache gebracht werden.
Kritik kam auch vom innenpolitischen Sprecher der Linksfraktion, Deniz Celik, der das Vorhaben ablehnte. “Das Alkoholkonsumverbot richtet sich vor allem gegen obdachlose und suchtkranke Menschen und ermöglicht der Polizei aktiv gegen sie vorzugehen, sie zu kriminalisieren und letztendlich zu vertreiben.” Die Innenbehörde sabotiere damit die Arbeit der sozialen Hilfseinrichtungen rund um den Hauptbahnhof. “Das ist keine Sicherheitspolitik, sondern Schikane”, so Celik.
Auf Bundesebene warnte auch die Altonaer Bundestagsabgeordnete Linda Heitmann davor, suchtkranke Menschen zu verdrängen. Die drogen- und suchtpolitische Berichterstatterin der grünen Bundestagsfraktion sagte, eine Alkoholverbotszone könne “höchstens dann Entspannung schaffen, wenn sie mit niedrigschwelligen Aufenthaltsangeboten für suchtkranke Menschen verknüpft wird.” Sie plädiere daher dafür, bahnhofsnahe Räume für einen so genannten Trinkraum zu finden, in dem auch eine Ansprache durch Sozialarbeiter erfolgen könne.
Bereits vor einer Woche hatte Innensenator Grote ein Waffenverbot am Hamburger Hauptbahnhof vom 1. Oktober an verkündet. Außerdem solle im Umfeld des Bahnhofs eine Videoüberwachung eingerichtet werden, um die Kriminalität in diesem Schwerpunktbereich weiter einzudämmen.
dpa