BERLIN | Die ostdeutschen Länder drängen auf bessere Verkehrswege. Das gilt nicht zuletzt für den Bahnverkehr. In vielen Fällen geht es gar nicht einmal um Neubau, sondern um die Herstellung eines früheren Niveaus.
Der Bund will mehr Tempo beim Ausbau der Schienenverkehrswege in Ostdeutschland machen. Das kündigte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) am Freitag nach einem Treffen mit den ostdeutschen Länderchefs in Berlin an. Es gebe dringenden Handlungsbedarf. Viele Fragen seien rechtlich geklärt, aber die Umsetzung hinke. “Ich plädiere dafür, alles zu beschleunigen, was nur beschleunigt werden kann”, sagte der Minister. “Man kann nicht immer warten, bis alle Fragen rechtlich geklärt sind, bevor sich der Erste bewegt.” Die Ost-Ministerpräsidentinnen und -Ministerpräsidenten forderten in einem Beschluss eine schnellere Planung und Genehmigung für den Ausbau des Schienennetzes.
“Wir haben da so ein Henne-Ei-Problem, dass die Bahn sagt, wir können mit der Planung erst beginnen, wenn Wirtschaftlichkeitsfragen geklärt sind”, beschrieb Wissing die Situation. Man wolle aber eine gute Entwicklung der Wirtschaft und Zukunftschancen für die Regionen. “Irgendeiner muss mal anfangen. Das ist der entscheidende Punkt.” Deshalb könne man nicht so weitermachen, dass Gesetze etwas ermöglichten, aber die Umsetzung es wieder unmöglich mache.
Als Bundesregierung habe man der Bahn signalisiert, dass sie sofort mit Planungen beginnen könne. Wirtschaftlichkeitsfragen würden sich in diesem Moment nicht stellen. Die Dinge würden dann zu einem späteren Zeitpunkt geklärt. “Wir übernehmen dann auch die Planungskosten, wenn es zu Problemen kommen könnte. Damit haben wir eine Hürde aus dem Weg geräumt, ganz unbürokratisch und unkompliziert und machen es möglich, dass die Dinge vorankommen.” Das sei genau das, was die Menschen in den Regionen erwarten würden.
Konkret nannte Wissing unter anderem die Strecken von Berlin–Görlitz, Berlin–Cottbus, Naumburg–Halle und Leipzig–Gera. Die Länder würden diese Strecken ganz klar wollen, die Bahn mache aber eine Wirtschaftlichkeitslücke geltend. Es gebe bisher eine Verpflichtung der Bahn, erst dann mit der Planung zu beginnen, wenn alle Fragen der Realisierung geklärt seien. Nun habe man einen Weg gefunden: “Wir übernehmen die Kosten der Planung, wenn es zu einem Problem bei der Realisierung kommen würde.” Die Bahn habe eine Sicherheitserklärung erhalten, dass der Bund die Planungskosten im Zweifel abdecke.
“Wir müssen schneller werden. Deswegen haben wir auch ein Genehmigungsbeschleunigungsgesetz vorgelegt. Jeden Vorschlag zur Beschleunigung begrüße ich ausdrücklich”, sagte Wissing. Für dieses Anliegen gelte es auch die Digitalisierung zu nutzen.
Wissing zufolge hat die Bundesregierung großes Interesse am Ausbau der Verkehrswege. Das gelte nicht nur für die Schiene, sondern auch für Straßen, Wasserstraßen und Radwege. Wichtig sei ferner, die Fernverbindungen nach Osteuropa in den Blick nehmen. Das müsse in den kommenden Jahren vorangebracht werden. “Das ist ein wichtiger Beitrag zur Stärkung des Binnenmarktes, es ist aber auch eine Antwort auf die geopolitischen Veränderungen.” Die ostdeutschen Länder würden hier eine wichtige Rolle spielen.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) stellte klar, dass es in der ostdeutschen Bevölkerung eine große Erwartungshaltung mit Blick auf die Infrastruktur gibt. Da könne man da nicht “quer im Stall stehen”.
Im schnellen Ausbau der Schienenwege sehen die ostdeutschen Länder einen Wachstumsbeschleuniger. Sie wollen deshalb eine Regelung aus dem “Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz” von 1991 wieder aufgreifen. Konkret soll zeitlich befristet der Rechtsweg für Klagen gegen Planfeststellungsbeschlüsse auf die erst- und letztinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts beschränkt werden. Der Bund wurde aufgerufen, konsequent und schnell die gesetzlichen Regelungen zur Beschleunigung langwieriger Verfahren zu schaffen. “Insbesondere der schnelle Ausbau der Schieneninfrastruktur kann als Schlüssel und Wachstumsbeschleuniger fungieren”, heißt es darin mit Blick auf den Klimaschutz.
Nach den Worten von Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke geht es beim Großteil der Strecken nicht um einen Neubau, sondern um eine Wiederherstellung. Früher habe es etwa eine zweigleisige Bahnverbindung von Berlin nach Cottbus gegeben – über fast 100 Jahre. Dann sei das zweite Gleis im Zuge der Reparationszahlungen an die Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg wieder abgebaut worden. “Dass wir da schneller jetzt vorankommen, ist erst einmal eine Grundlage für die Entwicklung einer ganzen Region.”
dpa