Mobilitätsforscher: Es wird keinen Stillstand der Republik mehr geben


KÖLN | Die Strategie der Gewerkschaften mit bundesweiten Warnstreiks im Verkehr ist nach Ansicht des Mobilitätsforschers Andreas Knie nicht ganz aufgegangen.

Große Streiks im öffentlichen Verkehr wie am Montag hätten wegen der größeren Flexibilität der Beschäftigten im Berufsleben seit Corona „nicht mehr die Wirkung wie noch in den 70er, 80er und 90er Jahren“, sagte der Experte vom Wissenschaftszentrum Berlin am Dienstag im Radiosender WDR 5. „Das was wir früher hatten, wo wirklich die Republik stillsteht, das wird es so nicht mehr geben.“

Dass das befürchtete Verkehrschaos auf den Straßen am Montag ausblieb, habe Wissenschaftler „nicht überrascht“, sagte Knie. Etwa 40 Prozent aller Beschäftigten quer durch alle Branchen fahre inzwischen an etwa 2,5 Tagen nicht mehr ins Büro. Die Menschen seien also schon vor dem Streik der Gewerkschaften flexibel gewesen.

Die „Pendlergesellschaft“ vor allem in NRW sei „müde“ geworden, so Knie. Corona habe gezeigt, dass es auch anders gehe. Auch die Arbeitgeber hätten gelernt, dass sie keine Verluste hätten, wenn die Menschen teils im Homeoffice arbeiteten. „Das neue Normale wird tatsächlich auch für die nächsten Jahrzehnte prägend sein“, sagte Knie. „Wir werden die alte Pendlergesellschaft mit diesen riesigen langen Kilometerzahlen nicht mehr zurückbekommen.“ Flexibel seien die Menschen aber nur in den mittleren und höheren Einkommen, „während die prekär Beschäftigten weniger Optionen haben“, schränkte Knie ein.


dpa