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BERLIN | Mit derzeit 900.000 Euro jährlich ist Bahnchef Richard Lutz der Spitzenverdiener unter den Managern bundeseigener Unternehmen. 2023 erwartet ihn zudem eine Gehaltserhöhung von zehn Prozent auf dann 990.000 Euro.
Derartig hohe Grundgehälter von Unternehmen in Bundeshand sieht der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag, Jan Korte, kritisch. „Im Vergleich zum Vorstand der Deutschen Bahn AG ist Bundeskanzler Scholz quasi ehrenamtlich unterwegs“, sagte er. Zuvor war dem Linken-Politiker nach einer Anfrage und mehrfachem Schriftwechsel eine Liste von Managern und deren Gehälter vom Bundesfinanzministerium übermittelt worden. Der Auflistung zufolge kommen 21 Vorstands- oder Geschäftsführungsmitglieder von Bundesunternehmen oder -anstalten auf ein höheres Jahresgehalt als der Bundeskanzler, der ungefähr 360.000 Euro im Jahr bekommt. Das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) hatte zuvor darüber berichtet.
Die derzeitige Situation zeige „absurde Verhältnisse“. „Die irre Politik, staatliche Infrastruktur und Institutionen auszugliedern und zu privatisieren, muss aufhören“, forderte Korte.
Zu den weiteren Topverdienern von Bundesunternehmen und -anstalten gehören der Geschäftsführer der Bundesdruckerei mit 863.000 Euro sowie dahinter weitere Vorstände der Deutschen Bahn und Vorstandsmitglieder der staatlichen Förderbank KfW, die zwischen 555.400 und 687.600 Euro im Jahr bekommen.
Von außen betrachtet kommt das Gehaltsplus für Bahnchef Lutz nach Ansicht einiger Beobachter zu einer Unzeit. Hat der Staatskonzern doch derzeit erhebliche Probleme: fehlende Pünktlichkeit, marode Infrastruktur, ausfallende Züge und ein überlastetes Schienennetz. Hinzukommt eine Verschuldung von rund 29 Milliarden Euro. Außerdem sind in diesem Jahr die Verbraucherbeschwerden deutlich gestiegen: Nach Angaben der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) gingen seit Januar 2022 insgesamt 3.524 Beschwerden über die Bahn ein – vor allem wegen Zugausfällen und -verspätungen. Das entspricht einem Anstieg um rund 51 Prozent im Vergleich zu 2021 (2.330 Schlichtungsanträge).
Im Bahn-Umfeld kann man die Aufregung über die Gehaltserhöhung nicht nachvollziehen, wie das Handelsblatt berichtet. Die Gehaltserhöhung stehe in keinerlei Verbindung zum derzeitigen Ärger über Zugausfälle oder Verspätungen. Die Erhöhung der Bezüge von Bahnchef Lutz seien bereits im Frühjahr 2021 bei dessen Vertragsverlängerung vereinbart worden, hieß es. Es sei überdies die erste Gehaltserhöhung seit zehn Jahren gewesen. Außerdem sei entschieden worden, dass das Gehalt erst nach einjähriger Pause steigt.