Interessenvertretung reagiert verärgert auf Nennung von Verspätungsgrund


BERLIN | Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) hat verärgert auf die Nennung eines Verspätungsgrunds für einen Regionalzug reagiert.

In der Fahrplanauskunft zu einer Zugverbindung der Linie RB 10 (Berlin–Nauen) war am Sonntag als Begründung für eine leichte Verspätung der Hinweis „Unterstützung beim Ein- und Ausstieg“ zu lesen. Der Verein schrieb dazu auf Twitter: „Bahn kreidet Rollstuhlfahrer für Verspätung an und macht es sichtbar für alle“. Schuld an manchen Verzögerungen sei nach Ansicht des ISL jedoch das Unternehmen selbst, weil Züge nicht barrierefrei bereitgestellt würden.

Die Bahn diskriminiere mit derartigen Durchsagen und Formulierungen behinderte Menschen, schrieb Michael Kraft im Kurznachrichtendienst. Damit werde impliziert, dass mobilitätseingeschränkte Reisende an Verspätungen Schuld hätten. „Tatsächlich liegt es immer an schlechter Planung, unzureichender Technik & Inkompetenz beim Personal“, so Kraft weiter.

Die Deutsche Bahn hatte sich kürzlich zu ähnlichen Vorwürfen geäußert und auf Nachfrage mitgeteilt, dass man bereits einiges tue, um mobilitätseingeschränkten Menschen eine selbstbestimmte Reise zu ermöglichen. Unter anderem stünden an verschiedenen Standorten mobile Teams für Hilfeleistungen zur Verfügung. Voraussetzung ist eine Anmeldung über die Mobilitäts­service-Zentrale (MSZ) der Deutschen Bahn.

Nach Konzernangaben gab es 2021 insgesamt 637.000 Hilfestellungen für Betroffene durch DB-Mitarbeitende. Das Unternehmen verwies auch darauf, dass man viel Geld in den Um- oder Neubau von Bahnstationen investiere. Auch würden immer mehr barrierefrei zugängliche Züge beschafft. Der neue ICE L des spanischen Herstellers Talgo, der Ende 2023 in den Fahrgast­einsatz gehen soll, wird nach Bahn-Angaben einen stufenfreien Ein- und Ausstieg bieten können.

Zuletzt hatte ein Vertreter des ISL jedoch beklagt, dass die vom Staatskonzern bestellten neuen Siemens-Hochgeschwindig­keitszüge vom Typ ICE 3 neo erneut weniger Platz für Rollstuhlfahrer aufwiesen und nicht einfach zugänglich seien. Damit würden die Barrieren im Fernverkehr „für weitere 30 bis 40 Jahre“ zementiert, erklärte ISL-Sprecher Alexander Ahrens vor wenigen Wochen.


EVN | Foto: Screenshot / DB AG / Pierre Adenis (Symbolbild)