BERLIN | In Berlin gibt es bald neben dem bundesweit gültigen 49-Euro-Ticket wieder ein 29-Euro-Ticket. Es gilt aber nur in der Stadt selbst. An dem Modell gibt es viel Kritik.
Das 29-Euro-Ticket kommt schon bald zurück nach Berlin. Im Laufe des ersten Halbjahres 2024 können Fahrgäste in der Hauptstadt wieder für knapp 30 Euro im Monat Bus und Bahn nutzen, so oft sie wollen, wie der Aufsichtsrat des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB) am Donnerstag mitteilte. Wie schon zuvor gilt das nicht übertragbare Ticket nur für den Tarifbereich AB.
Über die Stadtgrenze hinaus brauchen Kundinnen und Kunden weiterhin ein Zusatzticket. Dem Berliner Senat ist es nicht gelungen, eine weitergehende Regelung mit dem Nachbarland Brandenburg zu finden. Auch für die Mitnahme von Fahrrädern müssen ÖPNV-Nutzer mit 29-Euro-Ticket extra zahlen, für die Mitnahme von Hunden nicht.
Das Ticket lässt sich außerdem nicht für einzelne Monate kaufen. Wer es nutzen möchte, muss ein Abonnement abschließen. Details etwa zu der Frage, wie und wo das Ticket abonniert werden könne, seien noch offen, sagte ein VBB-Sprecher am Donnerstag.
Das Sozialticket soll bleiben
Außerdem hat der Aufsichtsrat das Sozialticket verlängert. Berlinerinnen und Berliner, die Sozialleistungen beziehen, zahlen für dieses Abo damit weiterhin neun Euro pro Monat. In Berlin gab es die Sorge, das sogenannte S-Ticket könne wegfallen.
Das 29-Euro-Ticket gab es schon einmal und ist politisch hochumstritten – vor allem wegen des begrenzten Gültigkeitsbereichs. Die damalige rot-grün-rote Landesregierung hatte es für die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) im Herbst 2022 als Anschlusslösung für das ausgelaufene 9-Euro-Ticket eingeführt, das bundesweit gegolten hatte.
Mit der Einführung des Deutschlandtickets, das seit Mai dieses Jahres ebenfalls bundesweit im gesamten öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) genutzt werden kann, wurde das 29-Euro-Ticket in Berlin wieder abgeschafft. Die neue schwarz-rote Landesregierung war mit dem Wahlversprechen angetreten, das Angebot wieder einzuführen. Vor allem die SPD hatte im Wahlkampf damit geworben.
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Verkehrssenatorin will am 49-Euro-Ticket festhalten
“Ich sehe das 29-Euro-Ticket als Ergänzung zum erfolgreichen Deutschlandticket, für dessen Fortbestand ich mich auf allen Ebenen weiter einsetzen werde”, sagte Berlins Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) am Donnerstag.
Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) ergänzte: “Wir sind mit der BVG im Gespräch, die alle notwendigen Schritte einleitet, damit das 29-Euro-Ticket schnellstmöglich – voraussichtlich im April 2024 – wieder an den Start gehen kann.”
Grüne und Linke sehen das 29-Euro-Ticket skeptisch. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) Berlin kritisierte am Donnerstag, das nur in Berlin gültige Ticket sei eine Insellösung und konterkariere den revolutionären Ansatz des Deutschlandtickets, endlich die Kleinstaaterei bei den Tarifen abzuschaffen.
Kritik aus der Wirtschaft am VBB-Beschluss
Kritik gab es auch aus der Berliner Wirtschaft. “Natürlich freut sich jeder über billiges Bahnfahren, doch angesichts multipler Krisen, schwächelnder Konjunktur, Inflation und steigender Zinsen ist das 29-Euro-Ticket vor allem eine weitere Hypothek für den Landeshaushalt», teilte der Vizepräsident der Berliner Industrie- und Handelskammer, Robert Rückel, mit. “Dieses Geld wäre wesentlich sinnvoller und nachhaltiger in den Ausbau des ÖPNV investiert.”
SPD-Landeschef Raed Saleh sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Wiedereinführung des 29-Euro-Tickets könne nur ein erster Schritt sein. “In der Perspektive, davon bin ich felsenfest überzeugt, werden wir mit Brandenburg und dem VBB auch über eine Variante ABC diskutieren.” Er sei sicher, dass jetzt über eine Gesamtstrategie zum Thema Mobilität in Berlin und Brandenburg gesprochen werden müsse.
Das Verkehrsministerium in Brandenburg hat dagegen die Unterschiede in der ÖPNV-Struktur betont. “Die Metropole Berlin mit einem bereits gut ausgebauten ÖPNV und das fünfgrößte deutsche Flächenland Brandenburg, das stark durch den ländlichen Raum geprägt ist, stehen vor grundlegend unterschiedlichen Herausforderungen”, sagte eine Sprecherin des Ministeriums.
dpa