BERLIN / MAINZ | Das Deutschlandticket hat mehr Leute in den ÖPNV gebracht. Der muss in Rheinland-Pfalz nun ausgebaut werden. Bei dem Nahverkehrsplan, der Mindeststandards festlegen soll, ist für Volker Wissing Eile geboten. Der Landkreistag sieht das ein bisschen anders.
Rund drei Monate nach Einführung des Deutschlandtickets mahnt Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) beim Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs auf Landesebene Ehrgeiz und Tempo an. “Wir können nicht so vorgehen, dass wir einerseits sagen, es muss alles ganz schnell gehen, weil wir Klimaschutz betreiben müssen, und auf der anderen Seite haben wir träge Prozesse, die sich über Jahre hinziehen”, sagte der frühere rheinland-pfälzische Verkehrsminister. “Ich kann aus Erfahrung nur empfehlen, auch unkonventionell vorzugehen und diese Sachen ehrgeizig voranzutreiben. Es lohnt sich.”
Auf Wissings Aussagen folgte eine Reaktion des Landkreistages Rheinland-Pfalz. Dieser kritisierte das Vorgehen beim von Wissing vorangetriebenen Deutschlandticket und ist der Meinung, dass die Entwicklung eines bedarfsgerechten und bezahlbaren Angebots nun mal Zeit brauche.
Wissing erinnerte an Widerstände vor allem von CDU-Seite gegen das rheinland-pfälzische Nahverkehrsgesetz während seiner Mainzer Ministerzeit. “Damals waren das sehr mühsame Verhandlungen. Die vorgeschlagenen Veränderungen sind im Grunde genommen alle zunächst von kommunaler Seite abgelehnt worden”, sagte der FDP-Politiker. “Vor allem die CDU ist dagegen Sturm gelaufen. Intern wurde mir von Landräten signalisiert, dass sie die Pläne überzeugen, und draußen haben sie Resolutionen in den Kreistagen gegen das Nahverkehrsgesetz organisiert”, sagte Wissing. Er habe das trotzdem durchgesetzt.
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Die Neufassung des Nahverkehrsgesetzes für Rheinland-Pfalz wurde im Januar 2021 vom Landtag in Mainz verabschiedet, sie machte den ÖPNV zur kommunalen Pflichtaufgabe. Welche Mindeststandards es geben soll, wird ein Nahverkehrsplan regeln. Dazu läuft derzeit ein breites Beteiligungsverfahren. Die rheinland-pfälzische Mobilitätsministerin Katrin Eder (Grüne) hat angekündigt, der Plan solle Ende 2023 stehen.
Man unterstütze die Bemühungen Eders, das Nahverkehrsangebot zu sichern und auszubauen, betonte der Geschäftsführende Direktor des Landkreistages, Andreas Göbel. Entstandene Verzögerungen seien nicht auf die Beteiligungsmöglichkeiten zurückzuführen, sondern auf die “schlecht vorbereitete und überstürzte Einführung des Deutschlandtickets durch Bundesverkehrsminister Wissing”. Der Landkreistag befürworte das Angebot grundsätzlich, sehe aber erhebliche Rechtsunsicherheiten und eine dauerhaft ungeklärte Finanzierung. Auch bei der erfolgten Reform des Nahverkehrsgesetzes habe er keine auf die Landkreise oder das Mobilitätsministerium zurückgehende Verzögerungen gesehen, betonte Göbel.
Wissing sagte weiter: “Ich kann nur sagen, wenn wir vorankommen wollen, dann muss der Nahverkehrsplan schnell umgesetzt werden, auch wenn das sicher keine einfache Aufgabe ist.” Es müsse mit Kommunen verhandelt und mit Zweckverbänden gesprochen werden. Der Nahverkehrsplan definiere am Ende, was Inhalt der Pflichtaufgabe sei. “Dabei muss auch die Finanzierungsfrage geklärt werden.” Das Ziel sei ausdrücklich keine Verlagerung der Finanzverantwortung von unten nach oben. “Der Nahverkehrsplan dient der Bestimmung des Umfangs der Pflichtaufgabe Nahverkehr, deren Erfüllung dadurch beschleunigt werden soll. Schon deshalb ist bei der Erstellung des Nahverkehrsplans Eile geboten.”
dpa / EVN