9-Euro-Ticket sorgt für mehr als Verdopplung der Nachfrage in Thüringen


ERFURT | Zugausfälle, Personalmangel und Baustellen – der Öffentliche Nahverkehr in Thüringen hat seine Probleme. Trotzdem ist das 9-Euro-Ticket ein Renner, zeigt eine erste Einschätzung von Fachleuten.

Das noch bis Ende August verfügbare 9-Euro-Ticket hat die Nachfrage im öffentlichen Nahverkehr Thüringens kräftig angekurbelt. Im Bereich des regionalen Schienenverkehrs habe sie sich nach Einschätzung des Landesamtes für Bau und Verkehr nahezu verdoppelt, teilte das Thüringer Infrastrukturministerium auf Anfrage in Erfurt mit. Bei Bussen und Straßenbahnen sei das Interesse der Fahrgäste sogar noch höher.

Die im Verkehrsverbund Mittelthüringen (VMT) zusammengeschlossenen städtischen Verkehrsbetriebe und Regionalbusunternehmen haben danach allein im Juni beim Start rund 148.000 9-Euro-Tickets verkauft. Bei dieser Zahl seien die regulären Abos, die auf 9-Euro-Ticket umgestellt wurden, nicht mitgerechnet. Im Vergleich dazu wurden im Mai 2022 insgesamt nur 40.000 reguläre Abos geordert. Verlässliche Daten für Juli liegen nach Angaben des VMT erst Ende August vor.

Im Schienennahverkehr war laut Ministerium der Run vor allem auf länderübergreifenden Verbindungen wie Nürnberg–Jena–Leipzig, Erfurt–Würzburg, Erfurt–Göttingen, Leipzig–Gera–Hof, Nordhausen–Halle oder Erfurt–Kassel groß. Mit Geld aus der Landeskasse sei versucht worden, auf einzelnen, besonders belasteten Strecken wie Leipzig–Jena–Nürnberg Entlastungszüge einzusetzen oder Züge mit zusätzlichen Wagen zu versehen. Probleme mit zusätzlichen Fahrzeugen und Personalmangel hätten jedoch eine flächendeckende Ausweitung verhindert.

Zeitweise mussten Fahrgäste stehen, konnten wegen Überfüllung nicht mehr zusteigen oder keine Fahrräder mitnehmen. Für Probleme sorgten auch Baustellen, die bereits vor dem 9-Euro-Ticket geplant waren.

Thüringens Verkehrsministerin Susanna Karawanskij (Linke) hatte sich in den vergangenen Wochen trotz der Probleme dafür ausgesprochen, das 9-Euro-Ticket Ende August nicht wie geplant abzuschaffen. Sie plädierte für ein Nachfolgeangebot und schlug ein Klimaticket vor – beispielsweise als ganzjähriges 365-Euro-Ticket. Auch um die Klimaschutzziele im Verkehrssektor zu erreichen, müsste die Stärkung des ÖPNV vorangetrieben werden – auch durch mehr Gelder vom Bund, so Karawanskij.


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